- 235 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Weise vor das Mikrophon zu bringen. Die vielseitige Natur des Rundfunks, dem technisch alles Hörbare zugänglich ist, hat hier außerordentlich schwierige Probleme aufgeworfen. Sie lassen sich m. E. auf eine organisatorische Grundfrage zurückführen: Was kann und soll die Rundfunkgesellschaft selbst herstellen und was von außen beziehen, also lediglich vermitteln? Hierzu sei ein kurzer begrifflicher Seitenblick erlaubt.


Wenn die Programmleitung einer Rundfunkgesellschaft die Idee eines Hörspiels ersinnt, das Manuskript selbst verfaßt und mit eigenen Kräften aufführt, so ist sie Verfasser, Regisseur und Veranstalter zugleich, das heißt sie schafft völlig frei aus Eigenem. Wenn sie hingegen aus einem Theater eine Opernaufführung überträgt, so ist sie nur Veranstalter, das heißt sie übernimmt einen vorhandenen Stoff lediglich als technischer Vermittler. Es gibt also einen schaffenden und einen nur vermittelnden Rundfunk. Zwischen diesen Extremen liegen aber Übergänge. Wenn die Rundfunkgesellschaft mit eigenem Dirigenten und Orchester ein symphonisches Konzert sendet, und nun sowohl die Programmfolge, wie auch ihre künstlerische und technische Durchführung (Instrumentation, Orchesteraufstellung, funktechnische Modulation usw.) auf die vielen Besonderheiten des drahtlosen Fernempfangs abstimmt, so ist sie zwar nicht Verfasser, aber natürlich auch hier wieder Veranstalter und dazu noch sehr weitgehend Regisseur. Sie treibt bei dieser funkischen Regietätigkeit nicht etwa eine modische Spielerei oder einen an sich entbehrlichen Zusatz künstlerischer Feinarbeit, sondern sie leistet eine für die innere Güte und äußere Wirksamkeit der Funksendung einfach unerläßliche Gestaltungsarbeit. Man muß folglich alle drei Tätigkeiten mit gleicher Entschiedenheit bejahen. Der Rundfunk soll vermitteln, was sich nur vermitteln läßt und einer Vermittlung wert ist; er soll als Regisseur überall dort eingreifen, wo dies für die geistige und technische Güte der Sendung erforderlich ist; und er soll auch aus Eigenem frei schaffen, weil selbstverständlich auch er, ebenso wie Bühne, Film und Katheder, eigene stilhafte Ausdrucksgesetze hat, die es zu entwickeln gilt.

Damit ist meines Erachtens die auf der Programmseite des Rundfunks gestellte organisatorische Grundfrage beantwortet. Der Rundfunk hat alles das zu organisieren, was er für seine Tätigkeit als Veranstalter, Regisseur und Autor unbedingt braucht. Das ist als Veranstalter: den einwandfreien technischen Aufnahmedienst; als Regisseur


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