- 221 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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eingreifenden Unternehmung achtlos vorübergehen. Die weitere Entwicklung zeigt daher neben der Reichspost auch diese Regierungsstellen in teilweise sehr aktiver Form mitbeteiligt. Aber noch eine dritte, bestimmende Kraft tritt gleich am Anfang hervor: die privatwirtschaftliche und privatkulturelle Initiative. Finanzierungsschwierigkeiten der Reichspost in der Anfangszeit, aber nicht nur dies, auch eine weitschauende Einsicht in den organisatorischen Wert lebendiger Privatinitiative verhindern die vollständige Verstaatlichung. Der technische Betrieb der Sendeanlagen und der künstlerisch-pädagogische Betrieb der Programmgestaltung werden getrennt. Errichtung und Betrieb der Sender bleiben in Händen der Reichspost, Zusammenstellung und Sendung der Rundfunkprogramme werden privaten Gesellschaften übergeben, jedoch unter sehr weitgehenden Aufsichtsbefugnissen des Reichsministeriums des Innern einerseits, der Länderregierungen andererseits. Die organisatorische Grundform des deutschen Rundfunks wird die des gemischtwirtschaftlichen Betriebes. Aus langen, von Schwankungen, Kämpfen und Krisen natürlich nicht immer verschonten, in allem Grundsätzlichen aber sehr gradlinigen Verhandlungen geht schließlich im Jahre 1926 folgende Kompetenzgliederung hervor:


Deutsche Reichspost: Zentralstelle für die gesetzgeberischen Arbeiten, Gebührenerhebung, Errichtung der Rundfunksender und Durchführung des technischen Betriebes gemeinsam mit den Rundfunkgesellschaften, technische Weiterentwicklung des Rundfunks und Überwachung der Wirtschaftsführung;


Reichsministerium des Innern gemeinsam mit den Länderregierungen: Grundsätzliche Regelung aller bei der Programmgestaltung auftretenden politischen und kulturellen Fragen;


Rundfunkgesellschaften: Programmgestaltung, Lösung aller künstlerischen Aufgaben, Auswahl der Künstler, Durchführung der Rundfunkdarbietungen.


Man kann diese Entwicklung heute aus historischer Entfernung nur bejahen. Deutschland hat nicht nur die seinen inneren Verhältnissen entsprechende, sondern zweifellos auch die an sich richtige Organisationsform des Rundfunks gefunden. Und dies in einer Zeit schwerster innerer Bedrängnisse, die nur zu leicht den Blick auch für die Wirklichkeiten des Rundfunks hätte trüben können. Es hat die lebendige technische und wirtschaftliche Entwicklung des Rundfunks durch Zentralisierung bei der Reichspost ermöglicht, die Aufsicht über die


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