- 220 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Der deutsche Rundfunk ruht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage; er ist ein Hoheitsrecht des Reiches. In andern Ländern hat man diesen Zusammenhang weit weniger klar berücksichtigt, teilweise überhaupt den Rundfunk gleichfalls der Privatwirtschaft überlassen Zu welchen Zuständen dies führen kann, zeigt am klarsten das Senderchaos in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die heute alle erdenklichen Versuche unternehmen, die privatwirtschaftlichen Auswüchse des freien Rundfunks wieder zu beseitigen. Auch bei verschiedenen europäischen Staaten dringt neuerdings der deutsche Standpunkt immer stärker durch.


Der weitere organisatorische Verlauf in Deutschland zeigt zunächst vier verschiedene Träger der Rundfunkentwicklung: das Reichspostministerium, das Ministerium des Innern, die Länderregierungen und die private Initiative.


Als Telegraphie und Telephonie war der Rundfunk zuerst aufgetreten, das heißt also innerhalb einer öffentlich-rechtlichen Zuständigkeit der Reichspost, für die im Reichstelegraphengesetz vom 6. April 1899 die gesetzliche Grundlage gegeben war. So wurde, als 1918 die militärische Führung auf diesem neuen, technischen Gebiet so gut wie erlosch, die Deutsche Reichspost auch der technische, wirtschaftliche und rechtliche Sachwalter des Rundfunks. Sie ist es im wesentlichen bis heute geblieben; die Sender werden von ihr errichtet und betrieben, die Genehmigung zur Benutzung dieser Anlagen wird von ihr den Sendegesellschaften verliehen. Bei der Ausübung dieses Rechtes ist die Reichspost in den ersten Jahren nach dem Kriege, als die kulturelle und wirtschaftliche Tragweite der drahtlosen Telephonie nur wenigen weitblickenden Männern bewußt war, von niemand behindert worden. Die zur technischen Durchbildung nötigen Versuche, alle Anordnungen über Aufstellung von Sendern, Regelung des Empfanges, Form und Inhalt der Sendungen wurden von ihr allein getroffen. Als sie aber dazu überging, die anfängliche Sendung von Nachrichten durch künstlerische Sendungen, den sogenannten Unterhaltungsrundfunk, zu erweitern, meldeten sich noch von zwei andern Seiten gewichtige Ansprüche an dieses neue Verbreitungsmittel: vom Reichsministerium des Innern und von den Länderregierungen. Beide Ansprüche auf eine Beteiligung an der endgültigen Regelung der Rundfunkverhältnisse waren verfassungsrechtlich und sachlich begründet. Weder das Reichsinnenministerium noch die Länderregierungen konnten an einer so tief in kulturelle und soziale, unter Umständen auch politische Bereiche


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