- 213 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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nimmt, die nicht organisch und darum unfruchtbar sind. Das Theater kann in technischer Beziehung von diesen mechanischen Gebieten unendlich viel lernen, es kann feststellen, daß seine eigenen technischen Fortschritte zu spät eingesetzt haben und daß sie sich nicht mit denen der andern Gebiete messen können. Grundfalsch ist es freilich, den Film, das mechanische Instrument und das Radio wahllos hereinzunehmen, ohne sie sinngemäß einzubeziehen. Die mechanischen Instrumente können im Theater zweifellos noch in sehr wirksamer Weise dienstbar gemacht werden. Alle Geräusche der Natur und des Lebens, die Stimmen von Massen und Chören können bei weiterer Vervollkommnung der mechanischen Instrumente allmählich vollständig den Menschen und die bisherigen Apparate überflüssig machen. Das mechanische Klavier ist zweifellos das gegebene Begleitinstrument für den Tanz, vielleicht wird es einmal den Korrepetitor und Begleiter ersetzen. Hier sind also bei durchaus künstlerischer Wirkung in vielen Gebieten wesentliche Ersparnisse möglich.


Der Film im Theater: Ich glaube so lange nicht an eine dauernde und fruchtbare Verbindung, solange die jetzige Konstruktion der Theaterhäuser und der Bühnen besteht. Der nahen plastischen Wirkung der Vorderbühne wird sich der filmische Hintergrund nur selten eingliedern, weil er unplastisch und unfarbig wirken muß. Auf besserem Wege sind schon die Versuche mit Projektionen, die sicher sehr bald bedeutende Fortschritte machen und dadurch zu einer außerordentlichen Verbilligung führen werden. Überhaupt wird die rein wirtschaftliche Frage bei der Verbindung von Theater und mechanischen Mitteln die entscheidendste Rolle spielen. Entfernungen, visionäre Gebilde, fliehende Landschaften usw., das sind Dinge, die filmisch möglich werden. Das Aufnehmen von Menschen in den Film, Menschen, die man eben noch leibhaftig im Vordergrund der Bühne sah, das blieb vorläufig noch immer unwahrscheinlich und stillos. Der Übergang aus der Realistik in die verschwimmende Photographie wurde nicht glaubhaft.


Wesentlicher als die Herübernahme festliegender technischer Formen aus andern Lagern wird für das Theater immer die Erfindung sein, die auf dem eigenen Boden gewachsen ist. Das andere ist vorläufig nur in seltenen Fällen mehr als eine Zutat, als eine reizvolle, aber anorganische Spielerei. Denn schließlich wird die Bewegungslosigkeit des plastischen Vordergrundes und die Bewegung des unplastischen Hintergrundes


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