- 210 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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von Hans Poelzig. Dieses Arena-Theater der Fünftausend hat alle Wandlungen durchgemacht und hat sich von seiner Grundidee völlig entfernt, nachdem es gewaltsam zur Guckkastenbühne verwandelt wurde, nachdem es vom Zirkus über Schauspiel, Revue zur Operette alle Variationen durchgemacht hat. Wäre es erst heute entstanden, dann hätte man mehr damit anfangen können, dann wäre es unter den vorhandenen Bühnen vielleicht die beste Basis für die Bestrebungen Piscators. (Vorläufig freilich verbietet das glänzende Geschäft jede Rückverwandlung unter neuen künstlerischen und technischen Gesichtspunkten.) Neben und zwischen diesen Theatern stehen solche wie das Deutsche, das Lessingtheater, das Theater am Schiffbauerdamm usw. Größer als die meisten Boulevard-Theater, unterscheiden sie sich im Typ von ihnen nur dadurch, daß sie einfacher und weniger exklusiv sind.


Im Reich haben die großen Städte meist je ein großes Opern- und Schauspielhaus unter staatlicher oder städtischer Regie, daneben meist ein oder zwei private Theater für kleines Schauspiel und Lustspiel und meist noch ein reines Operettenhaus. Die Bauten unterscheiden sich im Prinzip fast nirgends. Hervorzuheben ist das Landestheater in Stuttgart (Architekt Littmann), geteilt in großes und kleines Haus, das Geschmackvollste, was wir in dieser Kategorie der Vorkriegstheater besitzen. Nicht wenige Theater sind auch in der unglückseligen Periode des Jugendstils entstanden. Die mittleren und kleinen Städte haben nur ein Theater, in dem alles gespielt werden muß. Diese Häuser unterscheiden sich nur in der Größe, im Geschmack und der größeren oder geringeren Güte der Bühneneinrichtung.


Wichtiger als eine genaue Befassung mit diesen Häusern ist die Feststellung des Prinzips der Arena-Bühne im Gegensatz zu diesen Guckkastenbühnen. Dort ist der Bau auf gleichmäßige Sicht gestellt, dort erzeugt schon die reihumlaufende, uniform gestaltete Anordnung der Sitzplätze ein Gemeinschaftsgefühl und damit eine gewisse Massensuggestion. Hier ist ein Keil in ein Haus getrieben, nur die Logen des Proszeniums und die Ausläufer der Ränge blicken sich an, während alle andern, nah oder entfernt, tief oder hoch, in den Ausschnitt der Bühne als einzigen Blickpunkt schauen. Es ist ein gutes Prinzip der Konzentration, das diese Anordnung diktiert hat. Es ist ein mitleidloser Zwang, nach vorn auf den einzig erhellten Punkt zu schauen (oder einzuschlafen). Aber es ist zugleich ein strenges Prinzip der


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