- 201 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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hat ihre Entwicklung spät begonnen und konnte trotz wesentlicher Erfindungen, die vorwiegend den letzten Jahrzehnten angehören, mit den epochemachenden Erfindungen anderer Gebiete kaum konkurrieren.


Die Entwicklung der Bühnentechnik kann man kurz folgendermaßen umreißen: Die Technik gab zunächst nur die Möglichkeiten für Erscheinungen und sonstige Zaubereien. Mit zunehmendem Wirklichkeitssinn werden die Bildteile veränderlich, das Material wird stabiler, man muß für den Zauber den Bühnenboden mit Versenkungen und Schlitzen aller Größe und Art versehen, die Kulissen so veränderlich als möglich gestalten. Erst die Zeit der plastischen Bauten komplizierte den Apparat wesentlich, das ganze bisher festliegende Kulissensystem mit seinen Bögen, Soffitten und Prospekten fällt weg und wird durch Rundhorizont bzw. Kuppelhorizont, durch plastische Stämme, Säulen, Gebäudeteile, Felsen usw. ersetzt. Dieses Prinzip war nicht nur umständlich, sondern auch paradox. Es widerspricht den Grundgesetzen des Theaters, wenn man Schein durch Sein zu ersetzen sucht, wobei man eben doch gewisse Grenzen nicht überschreiten kann. Für die neuen Kolosse auf den Bühnen brauchte man neue Umbaumöglichkeiten. Es kam die Drehbühne (Lautenschläger), die Schiebebühne (Brandt), die Versenkbühne (Brettschneider) und das erweiterte System von Linnebach. Gleichzeitig mußte ein völlig neues Beleuchtungssystem an die Stelle der Ober- und Fußrampen treten, die für die flachen Bögen und Prospekte berechnet waren, ein System von ungleich stärkeren, von verstellbaren, innerhalb und außerhalb der Bühne verteilten Scheinwerfern usw. So ist auf ein Schema, das jahrhundertelang fast unverändert geblieben war, ein neues gefolgt, und bis auf wenige, inzwischen neu gebaute Bühnen befinden sich die meisten im Stande eines jämmerlichen Kompromisses aus gegebener Form und mühsam hineingestopften neuen Mitteln. Und dabei ist es noch durchaus ungewiß, ob nicht gerade jetzt sich das neue Schema in vielen Punkten überlebt und manche kostspielige Einbauten umsonst waren. Wir erleben es schon jetzt, daß eine neue Form der Illusionsbühne gesucht wird, daß das grandiose System von Versenk- und Schiebebühnen, von Kuppel- und Rundhorizont nur in relativ wenigen Fällen zur Anwendung gelangt. Einen zweifellos großen Fortschritt stellen die Beleuchtungsanlagen dar, die heute auf den meisten deutschen Bühnen eingebaut worden sind. Die Schiebe- und Versenkbühnen, die sich nur die größeren Theater leisten konnten, sind an sich zweifellos ein ausgezeichnetes


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