- 19 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Ernst Cassirer: Form und Technik


erschließen und ihr Geheimnis preiszugeben, wenn man auch hier von der forma formata zur forma formans, vom Gewordenen zum Prinzip des Werdens zurückgeht.


Die Notwendigkeit dieses Rückgangs wird heute, weit stärker als in der systematischen Philosophie, von den Männern empfunden, die selbst von der Technik herkommen und mitten in ihrer produktiven Arbeit stehen. Die Macht der “materialistischen” Denkweise und der materialistischen Fragestellung ist auch in der Technik seit langem gebrochen. Wo man nach ihrem Grund und Recht forscht, da stellt man diese Frage immer deutlicher und immer bewußter in der Richtung auf die “Idee”, die sie verkörpert — auf die geistige Wesensbestimmung, die sich in ihr erfüllt. “Das Ursprungsland der Technik” – so wird es in einem der neuesten Werke zur Philosophie der Technik geradezu ausgesprochen – “liegt in der Idee”1). “Wir werden die Technik betrachten” — so formuliert ein anderer Autor die Aufgabe — “als die organische Teilerscheinung eines größeren Phänomens, der Kulturentwicklung überhaupt. Wir werden sie zu verstehen suchen als den körperlichen Ausdruck, als die historische Erfüllung einer Grundidee, die im System der Kulturideen notwendig gefordert wird und die allen sichtbaren und greifbaren Stoff des technischen Schaffens im Inneren beherrscht, wie verschieden auch die vorübergehenden Äußerungen dieser Idee im Kampfe der Motive und Tendenzen den handelnden Subjekten erscheinen mögen. Es gilt, die überpersönliche, über die niedere Interessensphäre der vermittelnden Subjekte in die Geschichte übergreifende ideelle Gemeinsamkeit einzusehen, die das Handeln der Menschen nicht etwa wie ein blindes Gesetz bestimmt; sondern die in ihren Taten von ihnen frei ergriffen wird, um so . . . in die historische Wirklichkeit zu treten” 2). Wie immer jetzt die Antwort lauten mag: die Frage selbst ist damit erst in diejenige Ebene verlegt und auf diejenige Niveaufläche erhoben, der alle eigentlich geistigen Grundentscheidungen angehören. Und zugleich ist mit dieser Fragestellung das Problem wieder auf seinen ersten historischen Ursprung zurückgeführt und in einer merkwürdigen und überraschenden Weise mit ihm verknüpft. Denn ebenso wie hier ein moderner Denker, der mitten im konkreten

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1) Friedrich Dessauer, Philosophie der Technik. Das Problem der Realisierung, Bonn 1927, S.146.

2) Eberhard Zschimmer, Philosophie der Technik. Vom Sinn der Technik und Kritik des Unsinns über die Technik, Jena 1914, S.28.


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