- 170 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Führung einer Vorstellung, die immer dann am besten war, wenn man vergaß, daß sie überhaupt existiere. Die Wichtigkeit, die auf Grund der erwähnten Entwicklung die Regie heute im allgemeinen für sich beansprucht, hat aber dazu geführt, daß sie sich im Prinzip vordrängt anstatt zu verschwinden. Wahrhaft echte, das heißt geborene Regisseure wissen das und werden stets darauf bedacht sein, ihre Regie bis zur Unfühlbarkeit zu vergeistigen. Ihr echtes Genie wird unzweifelhaft auch zu seinem äußeren Recht kommen.” —


Dem Betrachter, der nun zurückblickend die gemeinsame Entwicklung von Technik und Recht überschaut, muß die lärmende Ungeduld auffallen, mit der neuerdings die an einer Erfindung interessierte Industrie durch die Mittel einer importierten Reklametechnik ihr Erzeugnis in den Vordergrund des allgemeinen Interesses drängt. Ein allgemeiner Rausch scheint es vorerst unmöglich zu machen, die neue Erscheinung ihrer bleibenden Bedeutung nach zu erkennen und einzuordnen. Wie gefährlich ist unter solchen Umständen die gesetzliche Regelung durch eine eigene Novelle!


Besonders unerfreulich aber ist, wenn die wahren Motive der gewaltsamen Propaganda hinter billigen Redensarten von den Rechten der Allgemeinheit, den Belangen der Kultur usw. schlecht genug verborgen werden. Man staunt, in Abhandlungen von Juristen folgende Betrachtungen über den Rundfunk zu finden: “Der Rundfunk ist heute schon nach kaum 5 Jahren seines Bestehens zum vornehmsten und vernehmlichsten Träger deutschen Kulturwillens und deutschen Kulturgewissens geworden, wovon die ständig wachsende Zahl seiner Teilnehmer am beredtesten spricht”1), oder: “Nur der Rundfunk hat heute die Möglichkeit, Deutschlands große Kulturgüter aus vergangenen und heutigen Tagen allen Volksgenossen zugänglich zu machen und näherzubringen. Wenn solche Möglichkeit vorhanden ist, liegt auch die entsprechende Verpflichtung vor. Der Rundfunk ist verpflichtet, alles dasjenige seinen Hörern in rundfunkgeeigneter Form (!) zu bieten, was Deutschlands große Geister geschaffen haben. Der Rundfunk ist verpflichtet, einen Querschnitt durch den gegenwärtigen Stand unserer Kultur zu bringen“, oder: “Fast eine Art von Allgegenwärtigkeit ist dem Menschen verliehen durch die Möglichkeit, das Mikrophon überall dort aufzustellen, wo ein Massenerlebnis, ein Erlebnis, an dem der

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1) Hoffmann, Arch.f.Funkr., Bd.2, S.247 ff.


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