- 169 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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aufgetaucht, die es möglich machte, die Leistung des nachschaffenden Künstlers aufzunehmen und durch den Vertrieb solcher Aufnahmen wider seinen Willen zu verwerten. Daß man es allgemein als berechtigt empfindet, beweist der Wunsch der Rom-Konferenz: “Die Konferenz spricht den Wunsch aus, daß die Regierungen, die an den Arbeiten der Konferenz teilgenommen haben, die Möglichkeit erwägen, die Rechte der ausübenden Künstler zu wahren.“ Wenn man aber dem nachschaffenden Künstler ein Urheberrecht einräumen würde, wie das z.B. Cahn-Speyer in der Eingabe der Verbände der konzertierenden Künstler und der Chor- und Orchesterleiter an das Justizministerium fordert, dann würde man den Begriff des Urheberrechts sprengen, denn das Recht des nachschaffenden Künstlers würde schließlich jeder beanspruchen können, der auf seine Weise Diener am Werke ist: die Folgen wären nicht abzusehen. Schon der einfache Sprachgebrauch widerspricht dieser Forderung: man spricht von einer “Auffassung” des nachschaffenden Künstlers als seiner besonderen Leistung. Eine Auffassung setzt aber voraus, daß bereits etwas Aufzufassendes da sei. Schon der Sprachgebrauch beweist also, daß die Leistung des nachschaffenden Künstlers immer eine sekundäre, nicht eine primäre ist, also auch die Zuerkennung eines primären Schöpferrechts, wie es das Urheberrecht ist, nicht erwarten darf. Die Gesetzgebung wird andere Wege finden, ihm zu seinem Recht zu verhelfen.


Übrigens verhalten sich die nachschaffenden Künstler selbst vielfach ablehnend gegenüber einer so extremen Forderung. Koch teilt in seiner Abhandlung über “Das Urheberrecht des Bühnenregisseurs” eine Reihe von Gutachten bedeutender Regisseure mit; unter ihnen äußert sich Kayßler 1) folgendermaßen: “Ich bin der Meinung, daß die Regie sich im Laufe der letzten 20 Jahre einen Separatanteil an der gesamten Bühnenleistung im Prinzip angeeignet hat, der weit über das Natürliche und Gegebene hinausgeht. Ich persönlich habe mir diese Entwicklung so erklärt: eine Regieleistung wie die Max Reinhardts machte Epoche, und mit allem Recht, denn die Leistung kam aus einer für die Regiekunst außergewöhnlich begabten Persönlichkeit. Die außergewöhnliche Erscheinung des einzelnen beweist aber nicht, daß die Regie als solche mit einemmal ein Vielfaches ihrer bisherigen Bedeutung gewinnt. Regie bleibt im Prinzip das, was sie immer war, nämlich die unsichtbare

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1) S.132 ff.


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