- 164 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Nutzung, gegenwärtige und zukünftige, abgedrungen hatte. Die Geschichte des Aufführungsrechts ist ein lehrreiches Beispiel für diesen Vorgang, der wohl geeignet ist, das Ansehen der gesetzgebenden Gewalt und damit des Staates überhaupt zu untergraben.


Aber wir haben uns auf die Werknutzungsrechte zu beschränken, die durch neuere technische Fortschritte greifbar wurden. Während die Erfindung des Drucks ungeahnte Möglichkeiten der Vervielfältigung und Verbreitung von Musik durch das Auge schuf, eröffnete die rasche Entwicklung der mechanischen Musik der weit wirksameren Mitteilung durch das Ohr ein breites Feld. Das erste durch diese Entwicklung greifbar werdende Werknutzungsrecht war das Recht der Verbreitung durch die Schallplatte. Art.13 der revidierten Berner Übereinkunft (B.Ü.; 1886 beschlossen zahlreiche Staaten in Bern eine gemeinsame Regelung des Urheberrechts, und diese Übereinkunft wird etwa alle 10 Jahre revidiert) erkannte grundsätzlich dem Urheber das Recht der Übertragung eines Tonwerkes auf mechanische Musikinstrumente — in der Praxis wird es sich vor allem um die Schallplatte handeln — zu, überließ es aber der Gesetzgebung der Länder, die Anwendung des Artikels zu regeln. So entstand die Novelle vom 22. Mai 191O zum Gesetz von 1901, die es um eine Reihe von Bestimmungen, vor allem die ¤¤ 22ff., erweiterte. Diese Bestimmungen, die durch ihre unkonzentrierte und auf die Bedürfnisse einer bestimmten Industriegruppe zugeschnittene Fassung auffallen, sind bemerkenswert dadurch, daß sie zuerst die Zwangslizenz, und zwar die bedingte, einführen: der Urheber hat zwar die freie Entscheidung, ob er überhaupt sein Werk der Industrie zu mechanischer Wiedergabe überlassen will. Entscheidet er sich aber für eine Firma, so haben alle andern deutschen Firmen das Recht auf gleichen Vertrag. Das Recht der Aufführung folgt dem Recht der Übertragung — warum, ist aus einem System nicht zu erklären, da es doch durch das Gesetz von 1901 und Art.13 der B.Ü. von 1908 ausdrücklich dem Urheber zugesprochen war. Seitdem “Schallplatten-Konzerte” möglich sind, mehren sich deshalb die Stimmen, die die Wiederabschaffung des ¤ 22a fordern.


Das Recht am Tonfunk ist das erste Werknutzungsrecht, mit dem die Rechtsprechung sich auseinanderzusetzen hatte, weil eine Regelung durch die Gesetzgebung noch fehlt. Man versuchte, die neue Erscheinung einzuordnen, indem man sie in die vorhandenen Begriffe einbezog — ein Verfahren, dessen Ergebnisse nicht zwanglos ausfallen


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