- 161 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (160)Nächste Seite (162) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



Die Forderungen, die sich aus der Natur des Urheberrechts ergeben, wären also, was die Befristung betrifft, umzukehren: soweit es Persönlichkeitsrecht ist, müßte es unveräußerlich, unvererblich und unbefristet (Pflicht der Allgemeinheit) sein, soweit es Vermögensrecht ist, veräußerlich, vererblich und befristet (Recht der Allgemeinheit).


Die Forderung einer Fortdauer des Persönlichkeitsrechts über den Tod des natürlichen Rechtsträgers hinaus befremdet zunächst. Und doch kann dem aufmerksamen Beobachter das zunehmende Bestreben der Wissenschaft, das Unsterbliche der Persönlichkeit vom Sterblichen der Person zu trennen, nicht verborgen bleiben. Natürlich wird die Dauer des Fortlebens keine ewige sein. Das Echo, das künstlerisches Schaffen findet, ist an einen zeitlich wie räumlich begrenzten Kulturkreis gebunden. Wenn aber ein Künstler überhaupt Widerhall findet, dann wird man seiner Persönlichkeit auch ein Recht auf Schutz ihres Werkes nicht versagen können, solange es Widerhall findet.


Man wird einwenden, daß die Anerkennung eines Rechts, dem das körperliche Subjekt fehlt, Schwierigkeiten macht. Aber warum will man der unkörperlichen Einzelpersönlichkeit die Vertretung durch körperliche Organe versagen, die man der Verbandspersönlichkeit gewährt? Warum soll nicht beispielsweise eine zu schaffende Zentralstelle durch ihre Organe die Persönlichkeitsrechte verstorbener Tonschöpfer zum Schutz ihrer Werke wahrnehmen? Der Gedanke, daß schon beim lebenden Menschen die unsterbliche Persönlichkeit durch die sterbliche Person als ihr Organ vertreten werde, ist nicht neu: wagt doch Zitelmann 1) einmal den Ausspruch: “Die Leiblichkeit des Menschen ist für seine Persönlichkeit eine ganz irrelevante Eigenschaft!“


Daß die Forderung eines unbefristeten Persönlichkeitsrechts nicht in das Land Utopien gehört, beweist aber vor allem ihre Anerkennung durch die Gesetzgebung verschiedener ausländischer Staaten. Italien ging voran, andere Staaten, wie Polen und die Tschechoslowakei, folgten. Der ¤ 16 im Gesetz letztgenannten Staates vom 24.Nov.1926 sei als vorbildlich angeführt: “Werke, die eine allgemeine Bedeutung für die Kunst, Erziehung oder Kultur eines Volkes haben, dürfen nach dem Tode des Urhebers nicht in einer Weise verändert oder bearbeitet werden, daß darunter ihre Bedeutung oder ihr Wert offensichtlich leiden.

__________

1)Begriff und Wesen der juristischen Person.


Erste Seite (1) Vorherige Seite (160)Nächste Seite (162) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 161 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik