- 121 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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von selbst schlug". Wir wissen noch von einem andern Erfinder eines mechanischen Musikinstrumentes, der ebenfalls in Augsburg gelebt hat. Augsburg scheint, wie viele Nachrichten zeigen, überhaupt im 17. Jahrhundert eine Art Mittelpunkt des Instrumentenbaues mechanischer Werke gewesen zu sein. Dieser andere Erfinder, von dem uns Paul Nettl zum erstenmal berichtet hat 1), ist der Instrumenten- und Orgelbauer Samuel Bidermann, der 1540 in Ulm geboren wurde und später in Augsburg lebte. (Hier starb er 1624.) Samuel Bidermann konstruierte einen Klavierautomaten, der in einem großen Kunstschrank eingebaut war. Das Spinett war sowohl manuell wie automatisch durch eine Stiftwalze bespielbar. In der Beschreibung des Instrumentes durch Schlosser heißt es: Die Stiftwalze “wird durch ein Spieluhrwerk mittels einer Kurbel in Antrieb gesetzt; die Stellung der Walze wird durch einen Hebel mit ausziehbarem Stift bestimmt". Sechs Stücke waren auf diesem Instrument mechanisch abspielbar; diese höchst interessanten Dokumente mechanisch überlieferter alter Musik sind von Paul Nettl in der Zeitschrift für Musikwissenschaft übertragen worden. Es handelt sich um Tänze der Zeit. Also bereits im 16. Jahrhundert konnte man in Augsburg Tanzmusik durch die Walze abrollen lassen.


In der Zeitschrift “Magazin der Musik”, die von dem Kieler Professor Carl Friedrich Cramer herausgegeben wurde und die mit Aufmerksamkeit auch den Instrumentenbau verfolgte und “Anzeigen mechanischer Kunstwerke, die zur Musik gehören” regelmäßig brachte, findet sich folgende Nachricht aus Görlitz: “Vor einiger Zeit ließ sich der Hoforganist Nicolai, vor einer kleinen Gesellschaft, auf seiner neu erfundenen Glocken Harmonica hören. Er hat über Jahr und Tag daran gearbeitet. Sie ist in Form einer Schreib-Commode gebauet, und hat eine Claviatur, so daß sie willig wie ein Clavier gespielt wird. Er hatte eigene Sachen dazu componiert, und ließ das Instrument durch Violine und Baß begleiten. Diese Harmonica geht vom ungestrichenen D bis ins dreygestrichene G. Der Clavierbauer Weise aus Hermsdorf bey Görlitz hat die Tischlerarbeit daran gemacht.” Ich erwähne diese Nachricht, obwohl es sich hier nicht um einen Musikautomaten handelt, nicht nur um zu zeigen, wie stark das Interesse früherer

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1) “Ein spielender Klavierautomat aus dem 16. Jahrhundert” von Paul Nettl. (Zeitschrift für Musikwissenschaft II, S.523ff.)


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