- 119 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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in der Musik, die besonders schöne Früchte in der Mechanik des Instrumentalbaues, z.B. im Geigenbau, getragen hat.


Mit besonderem Eifer sind im Mittelalter die Beziehungen zwischen Mathematik und Musik gepflegt worden. Mersenne, Sethus Calvisius, Baryphonus waren ebenso gute Mathematiker wie Musiker. Mathematik und Musik gehörten zum gleichen Zweig der wissenschaftlichen Disziplinen. Noch Forkel, der Göttinger Musikgelehrte, der die erste Musikgeschichte und die erste Biographie über J.S. Bach schrieb, kannte den Begriff einer mathematischen Klanglehre, die er Kanonik nannte. Die Kanonik bestimmt nach Forkels Ansicht nicht nur den Bau der Instrumente, sondern sie lenkt und organisiert überhaupt die ganze Klangwelt. “Was bey den Menschen die Staatskunst thut, das thut bey den Tönen die Canonik”, schreibt Forkel 1788 in seiner Geschichte der Musik.


Ähnliche Bedeutung besaß die philosophische Erkenntnis für die Musik. Der Philosoph Descartes schrieb ein Kompendium der Musik, in dem er philosophisch-musikalische Erkenntnisse mit mathematisch-physikalischen verband. Musik galt überhaupt als eine philosophische Disziplin. Musik war im Mittelalter nicht nur Kunst, sondern stets “ars et scientia”, Kunst und Wissenschaft. Das Suchen nach Wissen aber hieß Forschen, Erfinden!


Wie in der Musik dieses Ringen um Erkenntnis der Wahrheit, diese Sucht nach Erfindungen und Entdeckungen der wahren Zusammenhänge früh zur Hinzunahme technischer Hilfsmaßnahmen führte und wie Musik und Technik schon seit langem von den Menschen als Problemstellung erkannt wurde, das soll nun an einem Ausschnitt aus der Geschichte der Musik gezeigt werden.


II


Man darf annehmen, daß der Mensch sich zunächst damit begnügt hat, die Technik seiner eigenen Stimme und die Technik der Instrumente, die er sich geschnitzt oder irgendwie geformt hatte, zu vervollkommnen. Von den primitiven Instrumenten führte die Entwicklung aber sehr schnell zu technisch komplizierteren, bei denen bereits von einer Mechanik des einzelnen Instrumentes zu reden ist. Die Mechanik des Klaviers, der Tasteninstrumente überhaupt, aber war


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