- 113 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (112)Nächste Seite (114) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



Art, macht. Es handelt sich um das “Stereoakustische Hören”. Wir sind gewöhnt, musikalische oder Gesangsdarbietungen zweiohrig aufzunehmen. Das ergibt eine gewisse Plastik des Hörens, in ähnlicher Weise wie das Sehen mit zwei Augen, das stereoskopische Sehen, eine räumliche Wirkung hat. Richtung und Verteilung von Schallquellen sind mit zwei Ohren erheblich leichter festzustellen als mit einem Ohr. Die Stereoakustik ist bei der mechanischen Musikwiedergabe nicht ohne weiteres möglich. Die Schallaufnahme erfolgt in der Regel durch ein Mikrophon, eventuell durch eine Mikrophongruppe. Damit ein stereoakustisches Hören z.B. im Rundfunk eintritt, braucht man jedoch zwei Mikrophone in ungefährem Ohrabstand, die getrennt über zwei Leitungen, zwei Sender, zwei Empfangsapparate, zwei Telephone zu den beiden Ohren des Hörers führen. Derartige Versuche sind schon mehrfach unternommen worden und haben eine Überlegenheit gegenüber dem einohrigen Hören gezeigt; allerdings stößt die praktische Auswertung der Versuche auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, da sowohl zwei Sender wie zwei Empfangsapparate notwendig sind. Beim stereoakustischen Hören hat man eine Empfindung für die Räumlichkeit der Schallquellen, die bei monotischer Wiedergabe völlig fehlt. Ein Lautsprecher ist auch bei qualitativ noch so hochstehender Wiedergabe nicht imstande, die Vorstellung eines räumlich verteilten Orchesters zu erwecken. Das gesamte Orchester ist bei der Wiedergabe punktförmig im Lautsprecher konzentriert, womit notwendigerweise eine gewisse Unnatürlichkeit verbunden ist.

Während also hier noch gewisse Schwierigkeiten vorliegen, ist es in den letzten Jahren gelungen, eine andere Aufgabe, nämlich die raumakustische Frage bei mechanischer Musikwiedergabe ein gut Teil der Lösung näherzubringen. Es ist bekannt, daß man in der ersten Zeit des Rundfunks auf Grund der damaligen noch unvollkommenen Apparate gezwungen war, Musik und Sprache aus extrem schallgedämpften Räumen zu übertragen. Das hatte zur Folge, daß alle Darbietungen sehr unnatürlich, dumpf und tot erklangen. Ebenso mußte man früher auf jeden “Raumton“ bei der Aufnahme von Grammophonplatten verzichten. Auf der andern Seite sind wir aber durch die Erfahrung gewöhnt, daß beim Aufhören einer Schallquelle in einem Raum der Schall nicht sofort verschwindet, sondern längere oder kürzere Zeit “nachhallt“. Diesen Nachhallvorgang empfinden wir bei den musikalischen Darbietungen als angenehm. Durch Versuche in akustisch


Erste Seite (1) Vorherige Seite (112)Nächste Seite (114) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 113 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik