- 107 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Veranschaulichung dieser Größe diene ein Beispiel: Würde man imstande sein, die Schallenergie eines Sprechers quantitativ in Wärmeenergie überzuführen, so müßte ein Mensch ununterbrochen 130 Jahre reden, damit dadurch eine Tasse Tee gekocht werden kann. Gewiß ein sehr umständliches Unterfangen. Ähnlich steht es mit den Musikinstrumenten; um eine akustische Leistung von 1 PS zu erzeugen, müssen mehrere Zehntausend Blechbläser allerstärkstes Fortissimo blasen!


Auf Grund der bisher behandelten physikalisch-akustischen Gesetze sind wir nunmehr imstande, die technischen Grundlagen für die mechanische Musikwiedergabe eingehender zu diskutieren. Als erste und wichtigste ist die Bedingung zu nennen, daß die Apparaturen einen möglichst großen Frequenzbereich übertragen. Betrachten wir die Gehörkurven von Abb. 12, so scheint es, als ob man das ganze Gebiet von 16 bis 2oooo Hz., das heißt über 1o 1/2 Oktaven, berücksichtigen müßte, was technisch zwar möglich wäre, aber enorme Mittel verlangen würde. Es hat sich nun gezeigt – hier sind vor allem die Untersuchungen mit den von K. W. Wagner erfundenen Siebketten zu nennen –, daß dies erfreulicherweise nicht der Fall zu sein braucht; die Frequenzen über 10 000 Hz. sind in der Regel nicht erforderlich. Es gibt zwar Schallquellen, die derartig hohe Töne enthalten; es sei nur auf das Zirpen der Grillen hingewiesen, das wegen seiner hohen Frequenzen vielfach von älteren Leuten nicht mehr wahrgenommen werden kann. Wollte man das Zirpen der Grillen naturgetreu übertragen, so müßte man auch die Töne jenseits von 10 000 Hz. berücksichtigen. Für Sprache und Musik genügt eine obere Grenze von 10 000 Hz. schon sehr weitgehenden Ansprüchen an Naturtreue. Aber auch dann hat man noch den großen Bereich von etwas über 9 Oktaven zu übertragen. In diesem Bereich von 9 Oktaven sind sowohl die hohen Töne als auch die tiefen Töne bis herab zu den tiefsten Frequenzen von erheblicher Bedeutung. Während die hohen Frequenzen das Charakteristische der Instrumente oder Stimmen zum Ausdruck bringen, ergeben die tiefen Töne die Klangfülle. Fehlen die oberen Schwingungszahlen, so fällt es schwer, die Instrumente zu unterscheiden. Aus der ersten Zeit des Rundfunks ist es ja hinreichend bekannt, daß die Geige sehr häufig wie eine Flöte wirkte. Der Grund geht aus den obigen Ausführungen klar hervor, er lag darin, daß die hohen Teiltöne, die für die Geige im Gegensatz zur Flöte charakteristisch sind, nicht richtig wiedergegeben wurden, und daß durch Unterdrückung


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