- 150 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
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des Bildungsaspektes überblicksartig zusammengefaßt:

Zum einzelnen Orchestermitglied: Belastend für die Orchesterarbeit sind die Fluktuation von Orchesterteilnehmern, der fehlende Nachwuchs und das Wegbleiben einzelner Interessenten ohne Angabe von Gründen. Die großstädtische Konkurrenz erfordert ständige Attraktivität der Arbeit und fördert die Fluktuation. Mitwirkende in zwei Orchestern erwarten entsprechende Terminabsprachen unter den Organisatoren. Die Sitzordnung im Orchester, die Plazierung von neuen Interessenten und Mitgliedern sowie von Aushilfen führt in vielen Fällen zu persönlichen Spannungen unter den Orchestermitgliedern. Die erwartete häusliche Übementalität wird oft nicht in dem für das angesetzte Programm erforderlichen Umfang eingebracht, was zu Unzufriedenheit von Dirigent und Stimmgruppen führt. Zusatzangebote musiktheoretischer oder musikgeschichtlicher Art, bzw. instrumentenspezifische Spieltechniken betreffend, werden je nach Schwerpunkt der Zielsetzung des Orchesters vermißt. Fortbildungsangebote außerhalb des Orchesters sind zu wenig bekannt, werden aber als wünschenswert angesehen, wenn sie sich mit der individuellen Lebensplanung und außermusikalischen Interessen vereinbaren lassen. Geselligkeit und persönliche Kontakte unter den Orchestermitgliedern werden vielfach als unzureichend bezeichnet. Teilweise hat eine Entwicklung von vorrangig leistungsorientiertem zu ziel- und freizeitorientiertem Verhalten stattgefunden, indem verstärkt eine Verknüpfung eines Konzertauftritts mit außermusikalischen Ereignissen (z.B. Reise) gewünscht wird. Andere Orchester verfolgen dagegen in erster Linie eine qualitative Leistungssteigerung.

Zum Dirigenten: Der Dirigent sollte nicht so häufig wechseln, was besonders bei Studierenden des Faches Orchesterleitung der Musikhochschule der Fall ist, die die Orchester ›weitergeben‹. Er sollte mit dem Orchester pädagogisch arbeiten, d.h. auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Orchesters eingehen, mit den Musikern ›pfleglich umgehen‹. Persönlicher Ehrgeiz wird nicht gerne gesehen, vor allem wenn das Orchester sich als Mittel zum Zweck empfindet. Dies ist der Fall, wenn z.B. der Dirigent in der Musikhalle auftreten will und das Konzert zum vorrangigen Ziel macht, (»sein Ehrgeiz drückt die Leute«) das Orchester aber lieber die Probenphase selbst als eigentlichen Inhalt der Zielsetzung sieht, aus der sich ein Konzert mit gezielter sozialer Ausrichtung ergibt. Der Dirigent sollte sich nicht am Verhalten eines Berufsdirigenten orientieren (damit ist gemeint, er setzt möglichst fehlerloses Spiel und eine vollständige Anwesenheit des Orchesters in jeder Probe voraus, und er sieht seine Aufgabe ausschließlich im künstlerischen Erarbeiten und Aufführen der Werke), wenn das Orchester dies nicht ausdrücklich wünscht. Er sollte über Streicher- und Bläserkenntnisse verfügen, um instrumentenspezifische Probleme zu verstehen und gezielt helfen zu können. Seine Arbeit ist vom Orchester oft schwer einzuschätzen, die Teilnehmer können nicht beurteilen, »ob das nun wirklich gut ist, oder nicht«. Wartezeiten einzelner Stimmgruppen werden unwillig akzeptiert, »das ist öde, aber muß wohl sein!« Er sollte in der Lage sein, die Probendisziplin einzufordern, dem Orchester -wenn nötig- auch grundlegende Voraussetzungen des Zusammenspiels vermitteln können und sich nicht nur selbst mittels des Orchesters profilieren wollen. Führungsqualitäten, pädagogisches Geschick, eine persönliche Ausstrahlung, die die Musiker anziehen und nicht abstoßen sollte, und Bereitschaft zu zusätzlichen Proben, wenn das Orchester dies wünscht, sind die vorrangigen Erwartungen an einen


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