- 151 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
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Laienorchesterdirigenten. Die Qualität des Dirigats wird in diesem Zusammenhang erstaunlicherweise nicht genannt! Es wird gerne gesehen, wenn das Orchester am Prozeß der Programmauswahl beteiligt wird. Detailarbeit an einzelnen Werken und prima-vista-Spiel sollten in einem vom Orchester gewünschten Verhältnis stehen. Eigene Literaturwünsche, die die Besetzungsmöglichkeiten des Orchesters übersteigen, sollte der Dirigent zurückstellen. Vielmehr sollte er über eine Literaturkenntnis verfügen, die ihn befähigt, für das Orchester geeignete Werke vorzuschlagen. Während der Probenarbeit wird seitens des Dirigenten eine angemessene Information zu Werk, Komponist und historischem Umfeld gerne gesehen. Er sollte kooperationsfähig und bereit sein, sich in organisatorischen Fragen zu engagieren bzw. die ehrenamtlichen Helfer zu unterstützen, wenn dies vom Orchester gewünscht wird. Das Bemühen des Dirigenten um einen persönlichen Kontakt zu möglichst allen Orchestermitgliedern wird positiv bewertet und in unterschiedlichem Ausmaß auch erwartet.

Zu den Proben: Die Probendisziplin läßt überwiegend zu wünschen übrig. Dabei besteht zuweilen Unklarheit, wer sie herzustellen hat, der Vorstand oder der Dirigent? Ein Probenplan ist für die Terminplanung unabdingbar. Schulferienbedingte Pausen werden akzeptiert, größere Unterbrechungen werden bei kontinuierlich arbeitenden Ensembles als hinderlich empfunden, es sei denn, die Arbeit ist von vorneherein als intensive Projektphase angelegt. Tuttiproben sollten für alle Stimmen effektiv sein, längere Wartezeiten werden ungern akzeptiert (»es ist mühsam, wenn alle Einzelstimmen geübt werden müssen, da gehört viel Idealismus dazu, jede Probe zu besuchen«). Register- und Stimmproben sind nicht selbstverständlich, ihre Anzahl und ihr Ablauf werden überwiegend als nicht zufriedenstellend beurteilt. Idealerweise leitet ein professioneller Dozent die jeweilige Stimmgruppe und leitet in den getrennten Proben die Erarbeitung der ›schweren Stellen‹, hilft bei Bogenstrichen, Fingersätzen, Artikulation und Tongebung. Oft scheitert dies an der finanziellen Belastung, da viele Profis zu dieser Arbeit nicht ohne Entgelt bereit sind. Die Stimmgruppenarbeit sollte mit dem Dirigenten ebenso abgestimmt sein wie die entsprechende Bezeichnung des Stimmenmaterials vor dessen Ausgabe an die einzelnen Spieler. Unklarheiten gerade in den Bogenstrichen bis zur Generalprobe stoßen auf Unverständnis und führen zu zusätzlichen psychischen Belastungen und dem Bewußtsein uneffektiver vorausgegangener Übephasen. Im Idealfall bereiten Dirigent und Stimmführerquartett, ggf. ein Bläserdozent den Interpretationsansatz durch übereinstimmende technische Stimmeneinzeichnungen gemeinsam vor. Eine eigene Übestimme für jedes Orchestermitglied ist Voraussetzung jeglicher Übemotivation. Bläser könnten während der zeitaufwendigeren Streicherproben durch Kammermusikspiel in großer Besetzung unter Anleitung ihr Zusammenspiel verbessern. Ein fester Probenort verleiht der Arbeit Kontinuität, akustische Sensibilität und technische Erleichterungen (z.B. Pauken-Transport).

Zur Orchesterorganisation: Die größten organisatorischen Probleme der Laienorchesterarbeit stellen die Bereiche Notenbeschaffung, vor allem Leihmaterial, Konzertplanung, Rechtsfragen und Medienwerbung dar. Die Anforderungen in diesen Bereichen steigen und sind ehrenamtlich von einem Einzelnen kaum zu bewältigen, wenn er/sie nicht überdurchschnittlichen Idealismus investiert (»keiner ahnt, wieviel Arbeit das macht, ich bin inzwischen ein Werbemanager geworden« – für


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