- 125 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (124)Nächste Seite (126) Letzte Seite (246)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

haben die Vereine offenbar mehr oder weniger intensiv ein örtlich begrenztes Eigenleben geführt, das nur in Einzelrecherchen nachvollziehbar sein dürfte. Kontrolle und Druck des Nationalsozialismus haben die Aktivitäten jedoch stark beeinträchtigt. Besonders Werkwahl und Konzertauftritt unterlagen ideologischen Kontrollen.116
116 Die Erfassung aller Vereine in der Reichsmusikkammer erfolgte durch eine Auftrittserlaubnis nur für Mitglieder (BDLV, s. SCHÄFER 1989, Ausstellungskatalog ›Hundertjährige Musiziertradition‹ Köln 1989, S. 42), sowie durch Auflagen und Überprüfung durch ›Städtische Musikbeauftragte‹: Die Reichsmusikkammer hat sich entschlossen, diese Vereinigungen [Laienorchestervereinigungen] auch weiterhin mit der Aufgabe der Mitträgerschaft des Konzertlebens zu betrauen unter der ausdrücklichen Voraussetzung, »daß die der Vereinigung aus ihrer Entstehungszeit noch anhaftenden Merkmale einer vergangenen Epoche möglichst schnell und möglichst gründlich abgestoßen werden. Der Städtische Musikbeauftragte kann Werke, die seines Erachtens nicht auf den Spielplan gehören, bemängeln. Einigt er sich mit dem Konzertveranstalter nicht, so ist der Ausschuß für Programmberatung bei der Reichsmusikkammer anzurufen. Die Entscheidungen dieses Ausschusses sind endgültig und nach ausdrücklicher Anweisung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda für alle Stellen bindend.« (Amtliche Mitteilung der Reichsmusikkammer vom 15. 12. 1934, S. 140), in: WULF, S. 124.
Im Oktober 1950 konstituierte sich westlich des Rheins, unabhängig von Mantze und dem alten RDOV, ein ›Bund deutscher Liebhaberorchester‹ auf Initiative von J. KEIP/Ahrweiler, offenbar mit dem Ziel, an einem ›Internationalen Musikwettbewerb‹, den ein Unternehmen in Kerkrade/Holland ausgeschrieben hatte, teilzunehmen. Mantze beschreibt aus der Erinnerung: »Diese Zustände riefen Franz Menge wieder auf den Plan, der während der Tagung in Pyrmont an dem Entwurf eines Kulturprogramms mitgearbeitet hatte, das Wettstreite unter Orchestervereinen ablehnt. Als er [. . .] erfuhr, daß der ›Reichsbund Deutscher Orchestervereine e.V.‹ nicht, wie man angenommen hatte, im Berliner Vereinsregister gelöscht worden und der letzte Bundesvorsitzende nicht ›verschollen‹ war, berief er zusammen mit Dr. MANTZE die Vertreter der dem Reichsbund angehörenden Orchestervereine zum 10./11. November 1951 nach Mainz.«117
117 MANTZE 1965, S. 44.
Wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen, so waren auch bei den deutschen Laienorchestern die Initiatoren von 1922 auch 30 Jahre später die Entscheidungsträger. Der sehr personenzentrierte Führungsstil des Verbandes in der Vorkriegszeit begünstigte dies. Wie in vielen anderen Bereichen hatte sich herausgestellt, daß der totgeglaubte Verein samt seinem Vorsitzenden das ›Dritte Reich‹ im Rechtsstatus und in personam unbeschadet überlebt hatten. Mantze bemühte sich nun um eine quasi nahtlose Anknüpfung an 1930. Die Jahre 1933–1945 fanden rückblickend in der Verbandszeitschrift (DLO) keine weitere Beachtung. Am 20. 1. 1952 gründete sich in Bonn aus dem ›Zusammenschluß‹ von RDOV und ›Bund deutscher Liebhaberorchester‹ (Ahrweiler) der ›Bund Deutscher Liebhaberorchester‹/BDLO mit Sitz in Bonn. Es wurde die Satzung des RDOV übernommen und nach neuer politischer Unterstützung Ausschau gehalten: »In Ermangelung eigener Bundesmittel galt es nun, einen neuen Mäzen zu finden, denn das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, der unseren Wehen

Erste Seite (i) Vorherige Seite (124)Nächste Seite (126) Letzte Seite (246)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 125 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit