haben die Vereine offenbar mehr oder weniger intensiv
ein örtlich begrenztes Eigenleben geführt, das nur in Einzelrecherchen nachvollziehbar
sein dürfte. Kontrolle und Druck des Nationalsozialismus haben die Aktivitäten jedoch
stark beeinträchtigt. Besonders Werkwahl und Konzertauftritt unterlagen ideologischen
Kontrollen.116
116 Die Erfassung aller Vereine in der Reichsmusikkammer erfolgte durch eine Auftrittserlaubnis
nur für Mitglieder (BDLV, s. SCHÄFER 1989, Ausstellungskatalog ›Hundertjährige
Musiziertradition‹ Köln 1989, S. 42), sowie durch Auflagen und Überprüfung durch
›Städtische Musikbeauftragte‹: Die Reichsmusikkammer hat sich entschlossen, diese
Vereinigungen [Laienorchestervereinigungen] auch weiterhin mit der Aufgabe der
Mitträgerschaft des Konzertlebens zu betrauen unter der ausdrücklichen Voraussetzung,
»daß die der Vereinigung aus ihrer Entstehungszeit noch anhaftenden Merkmale einer
vergangenen Epoche möglichst schnell und möglichst gründlich abgestoßen werden. Der
Städtische Musikbeauftragte kann Werke, die seines Erachtens nicht auf den Spielplan
gehören, bemängeln. Einigt er sich mit dem Konzertveranstalter nicht, so ist der
Ausschuß für Programmberatung bei der Reichsmusikkammer anzurufen. Die
Entscheidungen dieses Ausschusses sind endgültig und nach ausdrücklicher Anweisung
des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda für alle Stellen bindend.«
(Amtliche Mitteilung der Reichsmusikkammer vom 15. 12. 1934, S. 140), in: WULF,
S. 124.
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Im Oktober 1950 konstituierte sich westlich des Rheins, unabhängig von Mantze und dem
alten RDOV, ein ›Bund deutscher Liebhaberorchester‹ auf Initiative von J.
KEIP/Ahrweiler, offenbar mit dem Ziel, an einem ›Internationalen Musikwettbewerb‹,
den ein Unternehmen in Kerkrade/Holland ausgeschrieben hatte, teilzunehmen. Mantze
beschreibt aus der Erinnerung: »Diese Zustände riefen Franz Menge wieder auf den Plan,
der während der Tagung in Pyrmont an dem Entwurf eines Kulturprogramms
mitgearbeitet hatte, das Wettstreite unter Orchestervereinen ablehnt. Als er [. . .] erfuhr,
daß der ›Reichsbund Deutscher Orchestervereine e.V.‹ nicht, wie man angenommen
hatte, im Berliner Vereinsregister gelöscht worden und der letzte Bundesvorsitzende nicht
›verschollen‹ war, berief er zusammen mit Dr. MANTZE die Vertreter der dem
Reichsbund angehörenden Orchestervereine zum 10./11. November 1951 nach
Mainz.«117
Wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen, so waren auch bei den deutschen
Laienorchestern die Initiatoren von 1922 auch 30 Jahre später die Entscheidungsträger.
Der sehr personenzentrierte Führungsstil des Verbandes in der Vorkriegszeit
begünstigte dies. Wie in vielen anderen Bereichen hatte sich herausgestellt,
daß der totgeglaubte Verein samt seinem Vorsitzenden das ›Dritte Reich‹ im
Rechtsstatus und in personam unbeschadet überlebt hatten. Mantze bemühte sich
nun um eine quasi nahtlose Anknüpfung an 1930. Die Jahre 1933–1945 fanden
rückblickend in der Verbandszeitschrift (DLO) keine weitere Beachtung. Am
20. 1. 1952 gründete sich in Bonn aus dem ›Zusammenschluß‹ von RDOV
und ›Bund deutscher Liebhaberorchester‹ (Ahrweiler) der ›Bund Deutscher
Liebhaberorchester‹/BDLO mit Sitz in Bonn. Es wurde die Satzung des RDOV
übernommen und nach neuer politischer Unterstützung Ausschau gehalten: »In
Ermangelung eigener Bundesmittel galt es nun, einen neuen Mäzen zu finden,
denn das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, der unseren Wehen
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