dieses finanziellen Problems gezielt als Weg zur Kostenersparnis bei
Konzertaufführungen einzusetzen. Volksbildung hatte demnach per se einen pekuniären
Gegenwert.
3. Verbesserung des Verhältnisses zu Berufsmusikern und der Fachpresse:
»Hier müßte durch beiderseitiges Übereinkommen [insbesondere mit dem Deutschen
Musikerverband]84
84 Vorläuferorganisation der heutigen Deutschen Orchestervereinigung e.V.; Berufsverband
der Orchestermusiker.
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eine
Form gefunden werden, die einerseits den berechtigten Ansprüchen des Berufsmusikers
genügt, andererseits aber auch den Orchestervereinen, die auf Aushilfe durch
Berufsmusiker angewiesen sind, nicht die Lebensmöglichkeit unterbindet. Es ist
selbstverständlich, daß entsprechende Leistungen auch entsprechend bezahlt werden
müssen, aber wenn z.B. der Tarif in einer mittleren Stadt für die Mitwirkung bei einer
durchgehenden zweieinhalbstündigen Filmoperette 30 Mk., für die Mitwirkung in einem
Konzert mit einer geläufigen Symphonie und Ouvertüre aber 80 Mk. vorschreibt, so ist
das gewiß ein Mißverhältnis«.
»Auch der musikalischen Kritik der Tages- wie der Fachpresse kann man den
Vorwurf nicht ersparen, daß sie dem künstlerischen Wirken der Orchestervereine
nicht die wünschenswerte Beachtung und Förderung gewährt, ja sogar glaubt,
an ihre Leistungen von vorneherein einen stark gemilderten Maßstab anlegen
zu müssen. In der musikalischen Fachpresse im besonderen findet man kaum
jemals eine Besprechung oder Erwähnung der Orchestervereine und ihrer Veranstaltungen.«85
Menge kritisierte mit diesen Äußerungen das Konkurrenzdenken seitens der Berufsorchester,
die um ihr Image und ihre Berufsstandsinteressen fürchteten, und der ihnen verpflichteten
Presse. Geschickt versuchte die Redaktion der ›Neuen Musik-Zeitung‹ mit einer
›Anmerkung der Schriftleitung‹ ihre Zustimmung zu Menges Kritik mit dem Vorbehalt
einer eindeutigen Trennung der Aufgaben von Berufs- und Laienorchestern zu
verbinden.86
86 »Die Vereinigungen haben schon manchen tüchtigen Zuwachs aus aufgelösten
Militärkapellen erhalten. Wer weiß, wie bald sie äußerst wertvolle Unterstützung durch
Orchestermusiker von Beruf aus aufgelösten Theaterorchestern erhalten«. (Redaktion
Neue Musik-Zeitung 1922, Heft 14, S. 213). Die wirtschaftliche Instabilität vieler
Kulturbereiche bewirkt in der Weimarer Republik Anfang der Zwanziger Jahre vielfach
Existenzängste.
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Weniger die musikalischen Ausprägungen in der Jugendbewegung (F. JÖDE), als
vielmehr die vom persönlichen Engagement eines Musikpädagogen geförderten
›musikalischen Arbeitsgemeinschaften‹ (H. HÖCKNER), der vom Gedankengut der
Reformpädagogik der 1920er Jahre beeinflußt war, haben einen punktuellen
Einfluß auf das Repertoire der Laienorchester gewonnen. Höckner war von
AUGUST HALM (1869–1929) beeinflußt worden, der an der Freien Schulgemeinde
Wickersdorf ein außergewöhnlich reges Chor- und Orchesterleben aufgebaut hatte,
welches er mit ›Konzertreden‹ begleitete. Halm verfolgte als Erziehungsziel das
»gründliche Erkennen künstlerischer Werte«, wobei er allein die musikalische
Struktur unter Ablehnung jeder bildlichen Deutung erkennbar werden lassen
wollte.87
87 AUGUST HALM, Von zwei Kulturen der Musik, München 1920, S. XXX, zit. bei GRUHN
1993, S. 185.
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Höckner gab der Laienorchesterszene neue Anstöße, indem er als Musiklehrer des
Landerziehungsheimes Schloß Bieberstein besonders das Schulorchesterleben wesentlich
bereicherte. In
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