- 34 -Kautny, Oliver (Hrsg.): Arvo Pärt - Rezeption und Wirkung seiner Musik 
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"Stille (Schöpfung). Aber wie hast Du gesprochen? Doch wohl nicht in der Weise, wie einst, eine Stimme aus der Wolke kam, die sprach: 'Dieser ist mein geliebter Sohn?' Denn diese Stimme klang und verklang, hub an und hörte wieder auf; die Silben ertönten und zogen vorüber, die zweite nach der ersten, die dritte nach der zweiten, und so der Reihe nach, bis die letzte den übrigen folgte und nach der letzten die Stille (silentium)." (Confessiones XI, 613; 615)
Die Stille wird hier in Verbindung gebracht mit der Schöpfung, wo Gott geredet hat. Das macht deutlich, daß die Stimme selber zeitlich war. Weiter lesen wir bei Augustinus: "Der hörende Geist aber sagte: 'Dies ist etwas anderes, ganz etwas anderes; jenes leiblich Gehörte ist tief unter mir, ja es ist gar nicht seiend, weil es flüchtig ist und vergeht, wogegen das Wort meines Gottes über mir bleibt in Ewigkeit.'"(Confessiones XI, 615)

Hansjörg und Wolfgang Hemminger kommen am Schluß ihres Buches über das Phänomen der Ruhe aus christlicher Sicht zu dem Fazit:

"So wurden Himmel und Erde mit ihrem ganzen Gefüge vollendet. Am siebenten Tage vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebenten Tag (1. Mose, 2, 1- 2). Die Ruhe Gottes ist das Ziel der Schöpfung. Mit Erholung oder Ausruhen hat diese Ruhe nichts zu tun, sie bedeutet Vollendung, sie bedeutet den Gottesfrieden zwischen allen Geschöpfen und im ganzen Universum. Das Ziel der Schöpfung ist der shalom Gottes - und wiederum: Diese Verheißung interessiert uns nicht als Schlußstein eines religiösen Weltgebäudes, sondern als Verheißung für unser eigenes Leben. Auch unser Schicksal soll in den Gottesfrieden einmünden, auf den die ganze Schöpfung zustrebt." (Hemminger 1991, 267)
Die Bibelverse 1. Mose 2, 1-2 meinten zunächst, daß Gott eine Ruhepause einlegte, nachdem er sechs Tage gearbeitet und die Welt geschaffen hatte. Hansjörg und Wolfgang Hemminger haben diese Verse umgedeutet in das Wort: "Das Ziel der Schöpfung ist der Shalom." Aus dem Ausruhen wird hier ein Gottesfrieden.

2.3  Abgeschiedenheit

Auf dem Weg zu Gott ist für Meister Eckhart Äbgeschiedenheit" von zentraler Bedeutung. Er nennt sie die höchste und die beste Tugend, das Eine, das nötig ist, um zu Gott zu kommen. Aber auch hier sieht er nicht zuerst den Menschen, sondern Gottes Gnade am Werke. Ïch erschrecke so oft", heißt es da in einer Predigt, "[...] wenn ich von Gott reden soll, wie völlig abgeschieden die Seele sein muß, die zu jener Einswerdung kommen will. Das aber darf doch niemandem unmöglich dünken. Es ist der Seele nicht unmöglich, die Gottes Gnade besitzt. Keinem Menschen fiel je etwas leichter als (es) der Seele, die Gottes Gnade besitzt, (wird), alle Dinge zu lassen. Mehr noch sage ich: Nie auch ward einem Menschen zu tun lustvoller als (es) der Seele, die Gottes Gnade besitzt, (wird), alle Dinge zu lassen." Der eigene Wille, die eigene Aktivität, müssen auf dem Weg zu Gott aufgegeben werden, der Mensch muß bloß werden, um die Neugeburt an sich geschehen zu lassen. Alle Dinge lassen - darin liegt ein Tod verborgen. Auch Luther hat das so gesehen: "Du mußt [...] von neuem geboren werden. Also mußt Du zuvor sterben", predigt er.

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