Die eingeladene Festgesellschaft wird so zum Sittengemälde der Konkurrenzgesellschaft.
Daraus ergibt sich stimmig Felsensteins drastische Zeichnung des Chores auf dem Fest
Spalanzanis.
»Das darf alles nicht komisch sein, sondern eher grausam, bitter ernst. Jeder hat Angst vor dem Nebenmann, will ihm gefallen und zum Munde reden [...].«76
Die Kameraeinstellungen während der Arie der Olympia wechseln zwischen dem von Spalanzani und seinem Diener umsorgten Vorführobjekt Olympia, dem verliebten Hoffmann und dem Publikum, einer Meute blasierter und deformierter Fratzen, die sich einander und Olympia freundlichst belauern. Der technische, spieldosenhafte Charakter der Arie erhält eine entscheidend die Festgesellschaft charakterisierende Bedeutung. Dass die Musik gerade keinen lebendigen Ausdruck vermittelt, sondern unmenschlich und mechanisch voranschreitet, erlaubt einen Einblick in das Innenleben dieser Gesellschaft.77
Dass Felsensteins Annahme, dass in Hoffmanns Schaffenskrise das Verhältnis von Kunst und Leben reflektiert wird, dem Stück entnommen ist, ist deswegen wesentlich, weil durch eben diese Ausgangssituation Musik begründet ist und weil Musik maßgeblich die Handlung bestimmt. Denn nur in der Vision Hoffmanns wird Stella zur Puppe Olympia und nur diese Puppe kann eine solche Spieldosen-Arie singen. Zu zeigen ist noch, dass diese Visionen künstlerische sind, mit ihnen das Verhältnis von Kunst und Leben in den Blick genommen ist. Im Bezug des studiosus Hoffmann auf Olympia ist das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft folgendermaßen reflektiert: Der studiosus verteidigt seine Liebe gegen die Vorwürfe Niklaus’, Olympia sei ein seelenloser Automat mit der Erwiderung, ihr holpriger Gang sei »Scheu und Unerfahrenheit des Kindes«. Bezogen darauf, dass sie kein Gespräch führe, entgegnet er: »Eure Schwätzerei ist ihr zu dumm [. . . ] und diese Spießer (würden) ihre Sprache nicht verstehen.« Allein er verstünde sie |