(»Ein Seufzer
nur erzähle mir die wunderschönsten Dinge, die ihr nicht sehen und nicht hören
könnt.«).79
»Was siehst Du denn? Nur das, was Dir bequem ist. Wieviel Lebendiges sich Deinem Blick entzieht [...] Denn die Liebe versteht es trefflich, das Erhabene mit dem Grotesken zu vermischen. [...] Was Dir nur leblos erscheint, weil Du es nicht beachtest, holt der Liebende vielleicht ans Licht der Schönheit, wo es lebt. Das ist erhaben.«80
Diese verteidigenden Sätze scheinen die Handlung des Olympia-Aktes auf den Kopf zu stellen: der zum Narren gemachte studiosus Hoffmann erfährt eine Ehrenrettung, denn seine auf die Festgesellschaft gemünzten Äußerungen treffen durchaus zu, seine antibürgerlichen Motive für die Liebe zu Olympia scheinen angesichts dieser pervertierten Festgesellschaft nur allzu verständlich. Dass der Satz, »Was Dir nur leblos erscheint, [. . . ] holt der Liebende vielleicht ans Licht der Schönheit, wo es lebt«, die Aufgabe des Dichters formuliert, ist dabei unübersehbar. Dem Alltäglichen den Zauber, dem »Endlichen einen unendlichen Schein« zu geben,81
Beachtenswert ist die komplexe Schichtung: ein verblendeter Narr spricht Wahrheiten über die Wirklichkeit aus, ohne die Wirklichkeit sehen zu können. Keineswegs passt das Bild des studiosus, der einem skurrilen und korrupten Coppelius seinen (verliebten) Blick auf Olympia verdankt, auf die Rolle des sehenden Genies, der mit seinen Visionen die profane Wirklichkeit belebt. Vielmehr ist es die von Hoffmann geschaffene böse Karikatur seiner selbst, denn die Wahrheiten, die der studiosus dann über die bürgerliche Welt der Festgesellschaft ausspricht, sind nicht Resultat eines visionären Künstler-Standpunktes, sondern der durch die Wunderbrille hervorgerufenen Beschränktheit des Blickes. Dennoch lässt ihn seine naive Teilnahme für die Puppe Olympia Wahrheiten aussprechen. Erst die ironische Frage Niklaus’, die sich direkt an den oben zitierten Satz Hoffmanns anschließt, stellt klar, dass der studiosus keineswegs ein Dichter ist:
»Niklaus: Mit der Wunderbrille?
Nicht die erkaufte Brille, die alles so erscheinen lässt, wie man es sich wünscht, erweckt die Poesie des Alltags. Zur Überschreitung der Wirklichkeit durch Kunst |