weil er seiner Innerlichkeit nach gefaßt wird oder als subjektive
Empfindung wiederklingt, unbestimmter und vager, und die musikalischen
Veränderungen sind nicht jedesmal zugleich auch die Veränderung einer
Empfindung oder Vorstellung, eines Gedankens oder einer individuellen
Gestalt, sondern eine bloß
musikalische Fortbewegung, die mit sich selber spielt und dahinein Methode
bringt.«31
Wenn sich die Musik einerseits nicht von der betreffenden Situation der Handlung befreien dürfe, um dramatisch zu wirken, so existiert sie andererseits in einer gewissen Freiheit von »Empfindung oder Vorstellung, eines Gedankens oder einer individuellen Gestalt«. Im Falle des Kunstwerks Oper bildet die Handlung die Grundlage für diese »Empfindungen und Vorstellungen«. Die »musikalische Fortbewegung« bedeutet nicht unbedingt einen Fortgang der Handlung. Vielmehr reflektiert jene den jeweiligen Stand der Handlung, indem die Musik »mit sich selber spielt und dahinein Methode bringt«. Den der Innerlichkeit der dramatis personae zugehörige Inhalt macht uns die Musik in unserer Subjektivität vorstellig. Die erklingende Musik »gehört« einer oder mehrerer Figuren auf der Bühne, deren seelische Disposition der Rezipient nachempfindet. Somit evoziert Opernmusik gewissermaßen eine doppelte Innerlichkeit: die der Figuren in derjenigen der Zuschauer. Ein in dieser Art »musizierendes Theater« (Felsenstein) führt zu formalen Anforderungen an eine Opernhandlung, wenn »in der eigentlichen Oper eine ganze Handlung musikalisch durchgeführt« (Hegel) werden soll. Um die Identität von Musik und Theater zu verwirklichen, so fordert Felsenstein, dürfe die Musik nicht »als eine Gegebenheit«32
Was das besondere der musikalischen Handlung ausmacht, ergibt sich aus Felsensteins Auffassungen zur Musik: Felsenstein bezweifelt nicht, dass der »Unterschied zwischen einer Mitteilung durch Worte und einer Mitteilung durch gesungene Worte oder schließlich durch wortlos musikalisch geäußerte Formulierungen kein prinzipieller, sondern ein gradueller«33
sei. Da Musik grundsätzlich einen sprachähnlichen Charakter aufweise, spricht Felsenstein dem Gesang die Qualität einer Äußerung zu. Der Unterschied zur sprachlichen Äußerung ergebe sich daraus, dass Musik eine menschliche Mitteilung sei, der ein Aussagebedürfnis zugrunde liege, das verbal nicht mitteilbar sei: »Der Mensch ist am einsamsten in den Erlebnissen und Empfindungen, an welche die Wissenschaft und Ratio nicht heranreichen, in denen er sich in seiner Sprache auch niemandem mitteilen kann. Es ist die vornehmste Aufgabe |