- 26 -Homann, Rainer: Die Partitur als Regiebuch 
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2.1.4.  Felsensteins Verhältnis zum Sozialistischen Realismus

Fraglich ist nun, wie das Verhältnis dieser Kunstauffassung zum Sozialistischen Realismus beschaffen ist. Es soll gezeigt werden, dass der Sozialistische Realismus durchaus nicht im Gegensatz zur Kunsttheorie des klassischen Idealismus steht, sondern vielmehr auf ihm fußt – freilich unter dem Blickwinkel der ideologischen Umerziehung im Sinne des real-existierenden Sozialismus.

Der Sozialistische Realismus ist eine normative Ästhetik, die aus der »historisch–materialistischen Weltanschauung« entwickelt wurde. Diese Weltanschauung fasst den Sozialismus auf als eine Gesellschaftsform, die sich notwendig aus dem Walten eines geschichtlichen Prozesses ergebe.43

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»Für die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus ist [. . . ] nicht nur der wirkliche Mensch, das Individuum, der Ausgangspunkt der Geschichtsbetrachtung, sondern die Geschichte selber ein Prozeß, der zu einer umfassenden Entfaltung des wirklichen konkreten Menschen führt.« Schumacher I, S. 172, zit. nach Kobel, Jan: Kritik als Genuss. Über die Widersprüche der Brechtschen Theatertheorie und die Unfähigkeit der Literaturwissenschaft, sie zu kritisieren, Verlag P. Lang, Frankfurt/Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien, 1992, S. 59
Die historische Aufgabe des Sozialismus bestehe darin, das Ideal des klassischen deutschen Idealismus – dass der Mensch sein individuelles Wollen aus Einsicht in die Notwendigkeit eines allgemeinen Zweckes aufgebe und dadurch »frei« werde – zu verwirklichen,44
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»Die Entwicklung des Menschen zur sozialistischen Persönlichkeit kann nur mit der Gemeinschaft und durch diese geschehen. Die Tätigkeit des einzelnen zum Nutzen der Gesellschaft erlaubt es dieser erst, alle Bedingungen zur Entfaltung der Persönlichkeit zu schaffen. Im Sozialismus werden die besten Gedanken und Erkenntnisse der großen humanistischen Denker der Vergangenheit fortgebildet und verwirklicht.« In Kleines Politisches Wörterbuch, Dietz Verlag, Berlin 1973, S. 648
einen »Realen Humanismus« zu errichten.45
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Der Kapitalismus habe »aufgehört, für die Humanisierung des Menschen und der Menschheit produktiv zu sein«, weshalb er es »verdiene, von der Arbeiterschaft beseitigt zu werden«. Schumacher II, S. 117, nach Kobel S. 55
Daraus ergibt sich für die Kunst die Aufgabe, zu diesem sittlich begründeten Willen zum Sozialismus zu erziehen.

Da der Sozialismus, so verstanden, nicht in einem materiellen Interesse begründet ist, sondern die Beseitigung des Kapitalismus sich der Verwirklichung des humanistischen Ideals und letztendlich einem ›Geschichtsprozess‹ verdankt, der Geschichte als ihr eigenes Subjekt auftreten lässt,46

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Den Irrtum des ›Wissenschaftlichen Sozialismus‹ kritisiert M.Buestrich, wenn er bemerkt: »Gegen den dieser Aussage zugrundeliegenden Geschichtsbegriff ist einzuwenden, daß die Geschichte ebensowenig wie die Natur ein mit Willen und Bewußtsein ausgestattetes Subjekt darstellt, daß etwas ›einlöst‹, ›verlangt‹, oder gar ›befiehlt‹.« In: Buestrich, Michael: Die Verabschiedung eines Systems: Funktionsweise, Krise und Reform der Wirtschaft im Realen Sozialismus am Beispiel der Sowjetunion, Münster, New York: Waxmann, 1995; S. 62. Zur ausführlichen Kritik der Grundlagen vgl. auch in: ders. S. 62–79
wird von der Kunst gefordert, diesen Geschichtsprozess aufzuzeigen. Das dürfe jedoch nicht explizit geschehen, die handelnden Personen sollen nicht Sprachhülsen für aufgesagte Lehren sein, sondern wirkliche Individuen. Dies ist nötig, um den Zuschauer Anteil nehmen zu lassen an den dargestellten Menschen. Nur so könne die Aufgabe erfüllt werden, die »ein bewußtseinsbildendes, bewegende Wahrheiten aussprechendes sozialistisches Theater«47
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Stompor, Stephan: Weniger Routine – mehr schöpferische Arbeit, in: Theater der Zeit 2/59
hat.

Bewusstseinsbildend und bewegend soll das Theater sein. Die gleichen wirkungsästhetischen Qualitäten sind sowohl von der Schillerschen Schaubühne wie vom


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