3.4. Felsensteins Inszenierung von Leos Janaceks ›Das schlaue Füchslein‹:
Naturalismus – Stilisierung – Abstraktion
Felsensteins Inszenierung vom ›Schlauen Füchslein‹ von
1956122
R: Walter Felsenstein, ML: Václav Neumann, B: Rudolf Heinrich, Premiere: 30.5.1956
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war im Inland und auf Gastspielen im Ausland ein ungeheurer Erfolg. Während das
Stück vorher als kaum zu spielen galt, bzw. mit nur wenig Erfolg aufgeführt
wurde,123
vgl. Kobán, Ilse (Hrsg.): ›Das Schlaue Füchslein‹ von Leos Janacek. ›Und doch ist in der
Musik nur eine Wahrheit‹. Zu Walter Felsensteins Inszenierung an der Komischen Oper Berlin
(1956), Verlag Müller-Speiser, Anif/Salzburg 1997, S. 69
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brachte es die Komische Oper auf 218 Aufführungen. Die letzte
Aufführung fand am 22.12.1964 statt. Im Jahr 1965 entstand die
Verfilmung.124
R: Walter Felsenstein/Georg Mielke, ML: Vaclav Neumann, B: Rudolf Heinrich, Deutscher
Fernsehfunk Berlin,1965
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Die Begeisterung war fast einhellig, niemand (ver-)mochte sich der Verzauberung
insbesondere durch die Wald- und Tierszenen entziehen. Felsenstein und
der Bühnenbildner Rudolf Heinrich hatten einen ›echten‹ Wald auf die
Bühne gebracht, in dem sich Füchse, Frösche und Libellen, etc. tummelten.
Eine diffizile Bewegungschoreographie ließ eine lebendige Tierwelt entstehen,
so dass immer wieder in den Kritiken vom ›Hauptdarsteller Wald‹ die Rede
ist.125
vgl. Kobàn (1997), S. 188ff.
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In die Begeisterung der Kritiker mischte sich der Vorwurf einer naturalistischen
Darstellungsweise. Stellvertretend für viele Kritiken, die auf das Thema Naturalismus zu
sprechen kamen, sei hier eine angeführt, die immerhin die Unangemessenheit dieses
Begriffes bemerkt, dann aber doch an ihm festhält, ohne der Ästhetik von Felsensteins
›Füchslein‹-Inszenierung genauer nachzugehen:
»[...] den krassesten Bühnennaturalismus so zu perfektionieren, daß sich
innerhalb dieses Naturalismus ein geheimnisvoller Qualitätswechsel vollzieht
[...]. Der Kunst ist es in seltenen Stunden gegeben, das Stoffliche, die
Materie so zu verdichten, daß es ins Geistige umschlägt, ohne Stofflichkeit
einzubüßen. Die sogenannte Wirklichkeit steht völlig eindeutig vor Augen,
und doch hat man das unerklärliche Gefühl, daß es sich um weit mehr als
eine (vermeintliche) Wirklichkeitskopie handle [...] Die Inszenierung ist ein
Stilproblem und als solches, wo und wenn sie Schule bilden wollte, höchst
problematisch.«126
Gerhard Schön: Kölner Stadtanzeiger, 25.5.1957, zit. nach: Kobàn (1997),
S. 196f.
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Problematisch wofür und weswegen, fragt man sich. Der Verfasser problematisiert den
Entwicklungsstand des Inszenierungsstils. Die ›naturalistische‹ Darstellungsweise sei
überwunden, auf sie zurückzugreifen bedeute Rückschritt. In der Kunstgeschichte –
zumal in der Geschichte des immer im Augenblick stattfindenden Theaters
– von Fortschritt zu sprechen, erscheint ausgesprochen fragwürdig. Dass ein
Nacheinander von Darstellungsstilen einen Fort- oder auch Rückschritt bedeute,
setzt das Geschmacksurteil desjenigen, der dies behauptet, voraus. Die Güte
bzw. Fortschrittlichkeit eines Stiles kann nicht aus ihm selbst heraus bestimmt
werden, sondern nur dadurch, dass man den einen Stil als Maßstab an den
anderen anlegt.
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