- 4 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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sind gut? welche könnten verändert werden? usw.) neue Klangrealisierungen erstellt wurden, die sich jedes Mal dem (subjektiven) Ideal des Anwenders näherten.

Insgesamt müssen in den verschiedenen Schritten zwischen der Berechnung der Gewichte und ihrer klanglichen Umsetzung mehrere Aufgaben der Subjektivität des Forschers überlassen werden:

  • die Parametereinstellungen der Gewichtsberechnung;
  • die Auswahl der Gewichte, die in eine Performance eingesetzt werden sollen;
  • die Bestimmung der Wirkungsrichtung der ausgewählten Gewichte (welche musikalische Parameter verändert werden sollen);
  • die Parametereinstellungen der einzelnen Interpretationsschritte;
  • die Anzahl und die Reihenfolge dieser Schritte.

Besonders problematisch erweisen sich die beiden ersten Punkte. Es ist nämlich möglich, durch die Veränderung der Parametereinstellungen eine unbegrenzte Anzahl an Gewichten errechnen zu lassen – selbst für ein kurzes Stück. Welche sollten aber tatsächlich errechnet werden, und welche von diesen sollten für die Gestaltung einer Performance tatsächlich eingesetzt werden?

Bei der Kombination von mehreren Gewichten, sei es im selben oder in nacheinanderfolgenden Interpretationsschritten, ist auch unklar, welches Ziel verfolgt wird. Benutzt man sie, um denselben Parameter zu verformen, so wird es schwierig, die Wirkung der einzelnen Gewichte herauszuhören. Will man aber verschiedene Parameter verändern, gibt es keinerlei Rechtfertigung für die spezifische Benutzung von Gewicht x für Parameter A und Gewicht y für Parameter B und nicht umgekehrt, außer, dass es auf diese Weise ›besser klingt‹.

In einem breiteren Rahmen ist aber die Diskrepanz zwischen der MaMuTh und den herkömmlichen musikalischen Theorien von noch größerer Bedeutung. Mazzola selbst gibt zu, dass »zwischen mathematischen und musikalischen Strukturen Bedeutungsdifferenzen auftreten können« (zitiert in Gruber [1994], S. 585). Im Gegensatz zur MaMuTh versuchen traditionelle Musiktheorien, die Musik mit Rücksicht auf ihre historischen und stilistischen Merkmale zu analysieren. So werden normalerweise für ein dodekaphonisches Orchesterstück von Schönberg von vorneherein andere Kriterien und Analysetechniken gewählt, als für eine Klaviersonate von Mozart. In Rubato werden aber für jeden Notentext dieselben analytischen Module angewandt. Die mathematischen Strukturen, die dadurch zum Vorschein kommen, geraten folglich meistens in Konflikt mit den Resultaten, die man von traditionellen Musiktheorien erwarten würde. ›Klingende Analysen‹ mit Rubato, wie sie beispielsweise von Stange-Elbe durchgeführt worden sind (Stange-Elbe [1999]), sind interessante Versuche gewesen, die Grenzen der Interpretation eines Stückes zu testen. Auch wenn es nicht das primäre Ziel solcher Untersuchungen war, konnten die generierten Performances jedoch nur begrenzt ›musikalische‹ Strukturen (im herkömmlichen Sinne) klingend verdeutlichen, und sie hatten des weiteren kaum Ähnlichkeiten mit menschlich erzeugten Performances derselben Stücke.


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