- 3 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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verschiedener Module und Einstellungsparameter von einer sehr großen Anzahl von mathematischen Perspektiven aus analysiert werden. Die Resultate dieser Analysen – sog. analytische Gewichte2

2 Alle wichtigen Begriffe der Rubato-spezifischen Terminologie werden im Glossar definiert.

– können anschließend dazu benutzt werden, die Partitur zu interpretieren und mit Hilfe eines digitalen Klangerzeugers in eine Performance umzuwandeln – in eine ›klingende Analyse‹.

»[Rubato] is not primarily designed to express human emotions but ›analytical facts‹« (Mazzola [1993a], S. 192). Zweck der workstation ist es, das Verständnis der (auf der MaMuTh beruhenden) strukturellen Beziehungen in musikalischen Werken zu verbessern, indem diese Beziehungen klanglich umgesetzt und somit zugänglicher gemacht werden. Es werden hier keineswegs Maschine und Mensch, Struktur und Emotion gegeneinander aufgestellt, da ja auch in einer ›menschlichen‹ Performance die strukturellen Aspekte einer Interpretation von großer Bedeutung sind: »It is the performer’s task to make the structure clear to the listener« (Gabrielsson [1992], zitiert in Mazzola [1993a], S. 192). Bei der Forschung mit Rubato wird lediglich die Aufmerksamkeit auf die strukturellen Aspekte der Musik gelegt; ihre emotionale Wirkung auf den Zuhörer wird größtenteils außer Acht gelassen:

Our performance workstation is just a tool to test the precise forms of performance which can convey or produce emotions. The logic of feelings – and there must be a such – is beyond this project. If ever such a logic is proposed, this workstation will be a laboratory for music psychologists to execute the empirical veri- or falsification of such a logic (Mazzola [1993a], S. 192).

Wenn sie auch die emotionale Seite der Musik größtenteils ignorieren kann, ist die Arbeit mit Rubato mit einer Reihe von Fragen verbunden, die sich in einer doppelten Problematik zusammenfassen lassen. Erstens wurde die workstation so konzipiert, dass ein Dialog zwischen dem Anwender und den musikalischen Strukturen bzw. ihrer klanglichen Umsetzung entstehen soll, so dass ein rein wissenschaftlicher (im Sinne von »objektiv nachvollziehbarer«) Umgang mit Rubato unmöglich ist. In einer breiteren Perspektive ist aber zweitens auch die Kluft zwischen der MaMuTh und den herkömmlichen musikalischen Theorien für eine Reihe von Fragen verantwortlich, die bis heute unbeantwortet geblieben sind. Diese doppelte Problematik soll hiernach erläutert werden.

Es ist durchaus möglich, durch die ausschließliche Benutzung von Rubato eine Performance zu generieren. Diese Vorgehensweise ist angebracht, um durch die klangliche Umsetzung von Gewichten neue Einblicke in die Struktur eines Stückes zu gewinnen, oder um Zusammenhänge zwischen der MaMuTh und dem Notentext zu erkennen. Alle bis heute veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten, die auf dem Umgang mit Rubato beruhen (Stange-Elbe [1999], Fleischer [2003], sowie zahlreiche Artikel), haben auf solche Weise analytische Gewichte – ob einzeln oder mit anderen kombiniert – ›klingen‹ lassen. Es ist auch stets versucht worden, diese klangliche Umsetzung so zu gestalten, dass das Resultat musikalisch zufriedenstellend wirkt. Um zu einem solchen Ergebnis zu kommen, wurde aber nur das subjektive Empfinden des jeweiligen Forschers empirisch eingesetzt, indem durch einen schleifartigen, retroaktiven Bewertungsprozess (welche Aspekte der Performances


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