- 328 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Das Finale vereinigt eine Reihe von Sätzen in sich. So enthält die Einleitung zuerst ein »Sostenuto« in C-moll. Dann folgt ein »Etwas schleppend« in A-moll. Weiter erscheinen ein »Schwer« und ein »Allegro moderato« in C-moll, bis endlich der Schlußsatz in A-moll als ein »Allegro energico« auftritt. [. . . ] Es ist ein Suchen nach einem ungreifbaren Etwas, ein Haschen und Jagen einer gequälten Seele, die schließlich von den sie verfolgenden Dämonen zerschlagen wird. ein Dunkel, das durch keinen Lichtstrahl des Erbarmens erhellt wird: eine Hölle ohne Fegefeuer! [E06/X]

schlagen die beiden Aussensätze einen tragischen Ton an, und den Schluss des Werkes bildet eine Katastrophe. [E06/a]

während der überaus lange und oftmals lärmende Schlußsatz etwas ermüdete. [E06/c]

ist der vierte der umfangreichste und klanglich der kühnste [E06/d]

ein sich Abmühen des vollen Orchesters namentlich im letzten Satz, wo das starkbesetzte Blechkorps fast keinen Augenblick zur Ruhe gelangt, [. . . ] Derselbe geistreiche und kompetente Hörer sprach in diesem Finale von einer Hypertrophie des instrumentalen Ausdrucks; ich finde, er trifft den Nagel auf den Kopf, um dies unsäglich schmerzliche, sehnsuchtgepeitschte Ringen zu kennzeichnen. Tragisch deswegen, weil dies Ringen unbefriedigt, weil diese Sehnsucht unausgelöst bleibt, wie hier. [E06/f]

Der letzte Satz der sechsten Sinfonie aber dürfte so ziemlich die äußerste Konsequenz des Mahlerschen Kunstschaffens sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dieses brutale Toben, dieses Attentat auf Ohren und Nerven des Hörers überhaupt zu ernsthaften Diskussionen über den künstlerischen Wert desselben führen kann. Ich vermisse in dieser wahren Höllenorgie nicht allein jedweden inneren künstlerischen Zusammenhang, auch die äußere Gliederung zeigt hier keinerlei Gestalt, keine Proportionen. Die dynamischen Höhepunkte häufen sich dermaßen, daß der Hörer rein physische Qualen auszustehen hat. Gegenüber diesem höchst schaudervollen Stück strömen die anderen Teile denn doch wesentlich befriedigendere Wirkungen aus. [B06/A]

und insbesondere kamen mir die geräuschvollen Klangexperimente des Finales geradezu unleidlich vor [B06/B]

Das Finale endlich stellt trotz jener wundervollen Stelle, in der das marschartige Hauptthema sich stolz emporreckt [,] die Geduld der Hörer auf eine harte Probe. [. . . ] hat Mahler in diesem Finale der Willkür die Zügel schießen lassen und erschöpft sich in bizarren Einfällen. In diesem Finale schreit auch das Orchester beständig, als ob es sich im Unrecht fühlte; es sagt schließlich immer dasselbe, aber bedeutender und eigenartiger wird der Inhalt dadurch nicht. [. . . ] Irgend eine Grenze muß es geben, wenn wir uns nicht ins Barbarische verlieren wollen. [B06/C]

auch das »Allegro moderato« des Finale arbeitet mit mächtigen Tonwellen [. . . ] Die übermäßige Anstrengung, die Mahler mit den mächtigen Längen und dem fürchterlichen Lärm dem Zuhörer zumutet, ist allzu hart [B06/D]

das Ohr wird durch harmonische Härten, wie sie vielleicht sonst nur noch Richard Strauß in seinem »Heldenleben« und in seiner »Salome« bietet, direkt gequält. [. . . ] Der Satz schließt jedenfalls in resignirter [sic], wenn nicht gar pessimistischer Stimmung. [B06/E]

der Schlußsatz, in dem zuerst geheimnisvolle Gestalten aus dem Boden empor steigen, denen dann Flügel anschießen, daß sie in der Luft umherfliegen können, wo uns die Pauke erschreckt, die schrille Trompete ärgert, besonders da wir nicht wissen, was diese heftigen und plötzlichen Interjektionen wollen. [B06/F]

Der letzte Satz ist unerquicklich. Oft meint man, der Tonsetzer wolle sich mit den Hörern einen Scherz machen. Erst steigen da allerlei seltsame Gestalten aus der Tiefe auf, dann fliegen andere durch die Luft. Furchtbare Paukenschläge. Grelle Trompetentöne. Merkwürdige Nebengeräusche, die in die Musik kaum einzubeziehen sind. Das scheinen die Rassel- und Klapper- und Klingelinstrumente zu sein, die eine Art Unterströmung in der Musik bilden. [B06/G]

Zu monumentaler Größe will sich das Finale erheben: aber es bleibt beim Wollen. Das äußerste an dynamischen und kontrapunktischen Hilfsmitteln wird aufgeboten, ohne daß ein zwingender Gesamteindruck zustande käme. Aber gerade in diesem Finale steckt trotz aller Roheit und Brutalität, die vergebens die fehlende Kraft zu ersetzen suchen, eine Fülle des technischen und gestaltenden Könnens, die höchste Bewunderung abnötigt. [M06/B]


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