- 310 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Vergleich mit R. Strauss


und uns beispielsweise auch entschieden viel lieber ist als die Sinfonia domestica. Denn das, was Mahler bei der vorliegenden A-moll-Sinfonie so völlig von R. Strauß scheidet, dünkt uns vor Allem der Umstand zu sein, daß er die Würde seiner Kunst trotz mancher Eigentümlichkeiten doch niemals aus den Augen verliert. Von jener, gelegentlich zum Ordinären herabsteigenden Witzigkeit eines Strauß, der realistischen Ausmalung außermusikalischer Dinge ist hier auch nicht eine Spur zu entdecken, wie ja auch diese Sinfonie als Ganzes keine Programmusik enthält. [. . . ] das ist ebenfalls ein charakteristischer Gegensatz zu der mehr kurzmotivischen Musik der R. Strauß’schen Schule, daß Mahlers Themen, z.B. die Hauptgedanken vom ersten Satz und Finale zu fast unheimlichen Dimensionen ausgesponnen sind. [E06/E]

Wahrhaftig das reine Raritätenkabinett, um das selbst ein Richard Strauß den findigen Kollegen ernsthaft beneiden könnte. [E06/H]

Eine neue Symphonie von Gustav Mahler ist, man mag auf einem Standpunkt stehen, auf welchem man wolle, ein ebenso bemerkenswertes Ereignis, wie eine neue symphonische Dichtung oder Oper von Richard Strauß. Beide Tondichter, ersterer ein Nacheiferer Bruckners, letzterer ein Vertreter der neuesten Programmatischen Richtungen nach Liszt etc., stehen gleich hoch in der modernen Komposition unserer Tage. Beide sind Personen, die ihre eigene Wege gehen und sich insoweit nur an ihre Vorgänger anschließen, als sie das von diesen Gegebene weiter zu führen erstreben und um Neues, das ihre in sich abgeschlossene, bestimmt ausgesprochene Individualität kennzeichnet, zu bereichern. Gleich bedeutend bei ihnen ist ihre unaufhaltsame rege Arbeitskraft und nie erlahmende Schaffensfreude. [E06/L]

Er ist als Komponist eine so fest umrissene Erscheinung wie als Dirigent, er hat seine ganz bestimmte Art, sodass man von ihm keine Überraschungen mehr erwartet, wie von dem fast jeglicher Wandlung fähigen Rich. Strauss. [. . . ] Ich möchte seine Instrumentation mit einem vielleicht etwas zu kühnen Wort als eine diatonische im Gegensatz zu der chromatischen Mischfarbenweise von Richard Strauss bezeichnen. Es ist zweifellos, dass die letztere Art mehr Nüanzierungsmöglichkeiten [sic] bietet, als die andere; ebenso zweifellos, dass ein Gustav Mahler dazu gehört, innerhalb der wenigen von ihm genutzten Grundfarben stets wieder Neues zu erfinden. Vielleicht hat seine Art schon etwas Artistisches, dem Strauss, da er sein Orchester den feinsten psychologischen Regungen dienstbar zu machen sucht, mit mehr Glück und Sicherheit aus dem Weg zu gehen vermag. [. . . ] Die »guten alten Zeiten« sind fürs Schlagzeug vorbei, und ich sehe die Epoche kommen, wo es gleichberechtigt neben das übrige Orchester treten wird. Straussens »Salome« und Mahlers »Sechste« sind vielleicht nur Ahnungen bevorstehender Möglichkeiten. [E06/a]

das Orchesterkolorit ist seltsam schön, neu, bisher wohl kaum gekannt trotz Richard Strauss und Max Schillings. [E06/d]

Anstatt sich zu bemühen, die Gefühle, die den dafür Empfänglichen in jener schaurig-erhabenen Einsamkeit, die beispielsweise im »Zarathustra« so unvergleichlich poetisch geschildert ist überkommen, anstatt sich zu bemühen, solche Gefühle in Musik zu fassen und möglichst »adäquat« auszudrücken, glaubt der Tonsetzer seiner Kunst genug zu tun, wenn er durch sie die äussere Wirklichkeit laienhaft zu photographieren sucht. [bzgl. Herdenglocken] [M06/E]

da gibt es auch nicht, wie selbst bei Richard Strauß, dem es nur auf den großen »Schmiß« ankommt, nebensächliche Füllstimmen, die nur approximativ ausgeführt zu werden brauchen, [M06/G]

Auch Strauß’ Heldenleben und Tschaikowskys Pathetische Symphonie führen stellenweise Satire und Pessimismus in ihrem Wappen, aber sie entlassen uns doch nicht mit dem Gefühl trostloser Unbefriedigung [M06/H]

Dadurch unterscheidet sich Mahlers Schreibweise wesentlich von der Richard Strauß’ und Max Regers. Der Schöpfer des »Zarathustra« hat uns doch immer tüchtige kontrapunktische Arbeiten beschert, aus denen man, zuletzt noch in der »Domestica«, manche Anregung schöpfen konnte, selbst wenn man nicht gerade zu des Komponisten unbedingten Anhängern zählt. [. . . ] Deshalb glaube ich, daß deren Erfolge dauerndere sein werden als die Mahlers, bei dem die Gedanken rascher und greller aufblitzen, aber bei genauerer Prüfung an nachhaltiger Wirksamkeit einbüßen. [W07/O]


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