- 303 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Wer die Reminiszenzenjägerei liebt, erblickt überall bekannte Gestalten und so wird manchem die F-dur-Stelle kurz vor Schluß des ersten Teiles Bedenken eingeflößt haben, ebenso das Mittelthema des Scherzo benannten dritten Satzes, versehen mit der näheren Bezeichnung »altväterisch«. [E06/L]

Schade nur, daß es in dieser Sechsten gar so oft das Triviale ist, was ihm einfällt. Nicht trivial nur deshalb, weil es an den oder jenen Gassenhauer, an diese oder jene Operettenmelodie erinnert, sondern trivial an sich, trivial auch dann, wenn es original wäre. [E06/M]

Da finden wir in seinen Symphonien mit unfehlbarer Wiederkehr [. . . ] den Brucknerschen Choral [. . . ] und endlich die freundlichen Erinnerungen an die zartesten Eingebungen der Beethoven, Schubert und Mendelssohn. Nur, daß Mahler in seiner A-Moll-Symphonie neuzeitlich wird, indem er die romantischen Reminiszenzen einen Wackeltanz in raffiniertem Taktwechsel ausführen läßt. [E06/Q]

und dann die tausend Anklänge an Opernmelodien und Symphoniethemen bewährter Vorgänger, die ihrerseits bekunden, daß Mahler hier eine praktische Anthologie hat bieten, so eine Art Pantheon großer und kleiner Musikerfinder hat errichten wollen. Man muß es eingestehen: Mahler schreibt die beste moderne Kapellmeistermusik. [. . . ] sehnsuchtsvolle Reminiszenzen [E06/Q]

Zunächst ergibt wieder die Analyse der Mahlerschen Riesenthemen, dass sie [. . . ] aus Elementen fremder Autoren zusammengesetzt sind, mit Umbiegung einiger Töne, geschickter Verschmelzung und Unkenntlichmachung, Umrhythmisierung usw. – aber ihr Kern ist das Nachempfundene: Kapellmeistermusik. [. . . ] Dazu hilft dann aber nur die Anleihe, die zu verschleiern der Autor allerdings gewandt genug ist, die aber, in Ermangelung des inneren Wertes, mit allen Effektmitteln des Orchesters, vor allem mit den lärmensten Instrumenten, unterstrichen werden muß – gewiß kein Zeichen ihres inneren Wertes, wie es Menschen gibt, die ihren Ansichten dadurch eine grössere Richtigkeit zu vindizieren glauben, dass sie sie mit Stentorstimme vortragen. [E06/U]

Im übrigen enthält die ganze Sinfonie nichts, was man [. . . ] nicht als echtes Mahlersches Erzeugnis begrüßen könnte. Man hefte sich nicht an Einzelheiten und Kleinigkeiten. [E06/f]

Für eingeschworene Reminiszenzenjäger bietet die sechste Sinfonie überhaupt eine ausgiebige Fundgrube. Die Vorurteilslosigkeit Mahlers andern Meistern gegenüber ist stets eine sehr starke gewesen. Er räumt ihnen bereitwilligst in seinen eigenen Schöpfungen gute Plätzchen ein und empfindet es nicht, wie aufdringlich sich die fremden Herrschaften gelegentlich in seinem eigenen Bau benehmen. Die Schwäche Mahlers, sich von derartig handgreiflichen Einflüssen nicht frei halten zu können, tritt in dieser letzten Sinfonie auffallend hervor. Es zeugt zwar für die von vielen bezweifelte Ehrlichkeit des Mahlerschen Schaffens, daß er es nicht versucht, die nun einmal in seinem Gedächtnis haften gebliebenen fremden Brocken künstlich zurechtzustutzen, um ihnen ein möglichst unverdächtiges Aussehen zu geben. [B06/A]

Seine Gedanken verraten zu deutlich ihre Herkunft (nie ist Mahler in dieser Beziehung so sorglos gewesen!) [B06/C]

Es geht aber andererseits nicht an, [. . . ] dem Komponisten seine zahlreichen thematischen Anleihen nachzuweisen [B06/H]

nicht gerade unbekannten Phrasen [B06/L]

Überhaupt würde Reminiszenzen-Jägern von echtem Schrot und Korn Mahler’s neuestes Werk ein dankbares Feld darbieten; ausser an Bruckner wird man häufig an Wagner, Liszt, Beethoven, Schumann, Mendelssohn, Goldmark, Grieg, Sinding, Massenet, ja selbst an Operettenweisen erinnert [. . . ] Da kann man wirklich die ganze Erfindungsmanier – übrigens mit Vorliebe den Marschrhythmus wählend – nicht anders denn als eklektisch bezeichnen [W07/G]

diese Themen, die sogar noch dazu vielfach aus zweiter Hand stammen. [W07/L]

Sie ist nicht so reich an Reminiszenzen wie die beiden ersten und die fünfte. In Einzelheiten mögen sie vorkommen, das Werk als Ganzes ist origineller als irgendeine Symphonie Mahlers, die wir gehört haben. [W07/O]

Allegri


während sich – im stärksten Gegensatz dazu – ins Andante sogar – man sehe nur nach! – altkirchliche Sequenzen aus dem »Miserere« von Allegri eingeschlichen haben. [W07/G]


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