- 297 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Klangeffekten Platz zu machen, nach denen der Komponist ein stärkeres Verlangen zu tragen scheint als nach organischer Entwicklung. [W07/O]

Erfindungsqualität


die Erfindungsarmut und Erfindungsbanalität macht sich hier doch fataler bemerkbar als sonst. Er zehrt ein und einhalb Stunden lang von Reminiszenzen, die noch dazu vielfach unbedeutend, manchmal geradezu trivial sind, und bemüht, was das Schlimmste ist, für die Darstellung dieser seiner Nichtigkeiten [E06/G]

Merkwürdig ist, daß auch sonst das Gesetz der Abwechselung, das uns als ästhetische Notwendigkeit gilt, nicht immer befolgt wird. Der Sinn dafür ist bei aller Vorliebe für Gegensätze offenbar nicht vorhanden, sonst wäre die Abhetzung mancher Gedanken und die rhythmische Monotonie ganzer Sätze wie des zweiten (in der Partitur dritten), der in der gleichen Achtelbewegung hinschleicht, nicht zu erklären. Daß alles muß zu den Schaffensbedingungen Mahlers gehören, da ein so kluger Kopf die Freude an seinen glücklichen Einfällen nicht unnötig abschwächen würde. [E06/J]

[Bzgl. 1. Satz:] Weniger die Erfindung selbst ist es, die imponiert, denn wo sollen schließlich bei einem Komponisten, der viel geschrieben hat, die neuen Gedanken herkommen; es fesseln aber gerade hier die sich steigernde Ausarbeitung und interessante Kombination in den Klangeffekten. [. . . ] Muß man auch hier wiederholen, daß diese Themen nichts Neues sagen, so ist es doch die Art ihrer instrumentalen Einkleidung in die charakteristisch wirkenden Klangeffekte, die für die speziell Mahlersche Kunst spricht. [E06/L]

Er zeigt auch in seiner Sechsten Symphonie allerwegen die starke Hand des bewußten Gestalters, der mit unerhörter Energie Einfälle, die an sich nicht riesengroß sind, zu gigantischer Alfrescowirkung auftürmt. Er zeigt auch hier wiederum die Ehrlichkeit, die ihn immer nur das sagen läßt, was ihm wirklich einfällt, die ihm am Einfall nichts deuteln, nicht biegen läßt, die ihn sorglos auch das Trivium breit und behaglich aussprechen läßt. Schade nur, daß es in dieser Sechsten gar so oft das Triviale ist, was ihm einfällt. Nicht trivial nur deshalb, weil es an den oder jenen Gassenhauer, an diese oder jene Operettenmelodie erinnert, sondern trivial an sich, trivial auch dann, wenn es original wäre. [E06/M]

Auch an dieser Sinfonie ist das Ueberwiegen der Arbeit über die Erfindung zu beobachten, ohne das jedoch solche Lässigkeiten, wie sie sich fast in jeder der Vorgängerinnen der Sinfonie vorfinden, unterliefen. [E06/P]

Abgesehen von der Erfindung, einem Begriff, der veraltet oder überwunden genannt werden dürfte, ist er allen Mitstrebenden voraus: in der Arbeit, in der Anlage und Gliederung, in Kombinierung und Instrumentierung, in der Literaturkenntnis und ganz besonders in der Länge [. . . ] seine Veranlagung, die ihn nicht auf Eingebungen, sondern auf Einfälle und Kombinierungen verweist. [E06/Q]

das aus durchweg unoriginellen Gedanken aufgebaute Werk [E06/R]

Das Werk ist wenig originell in der Anlage [E06/T]

Freilich steht Mahler, was Erfindung und Gedankentiefe anbelangt, weit hinter Bruckner. [E06/V]

dass aber der innere Gehalt seiner Produktion in durchaus keinem Verhältnis zu all diesem riesigen Aufwand steht [E06/W]

Was den Wert der Erfindung anbetrifft, so verdient dieser Satz [das Andante] den Vorzug vor den anderen[E06/X]

Wäre ihm eine reiche melodische originelle Erfindungsgabe zu eigen, wahrlich: G. Mahler wäre einer der Größten aller Zeiten. Diese Gabe jedoch verliehen ihm die Musen leider nicht. [E06/Y]

Aber auch Mahlern fehlt, wenigstens in seiner VI. Symphonie, der eigentlich geniale Einfall. Er sucht durch Einfachheit der Melodie der modernen Kompliziertheit in dieser Hinsicht zu begegnen, wird jedoch dabei leider nicht selten trivial; man merkt die Absicht, und man wird verstimmt! Oder seine Melodien klingen doch zum mindesten etwas abgenutzt. Das Thema des ersten Satzes z.B. beginnt: [4 Anfangstakte des Themas] Und ob weiter das Thema des Andante: [4 Anfangstakte] in einer Symphonie heute künstlerische Berechtigung hat, ist doch recht zweifelhaft. [E06/Z]


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