- 292 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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tragischen Charakter ohneweiters herausgefunden hätte. Seit wir Mahlers Symphonien hören, haben noch immer Instrumentationskünste und Klangspiele verwegenster Art eine so hervorragende Rolle in seinen Kompositionen gespielt, daß schon durch sie eine gewisse Familienähnlichkeit zwischen den einzelnen Kompositionen erzielt wird, bei der individuelle Verschiedenheiten nicht so leicht erkannt werden. Ein ergänzender Text durch Chor oder Sologesang fehlt. Der Phantasie ist der breiteste Spielraum gelassen, doch wird sie durch ausgiebige Verwendung von Schlagwerken aller Art, durch noch nie dagewesene Anwendung tonloser Geräusche, wie Hammer, Holzgeklapper, Kuhglocken, Pfeifen (der Volkswitz hat sie schlagartig als Lokomotivpfiff ausgelegt), nicht gerade tragisch gestimmt. [W07/O]

Verständlichkeit


Verliert man beim ersten Hören auch hin und wieder den führenden Grundgedanken, so erkennt man bei der Wiederholung doch bald die Einheitlichkeit und innere Verwandtschaft der Thematik. [E06/B],

ist die Disposition der Sechsten einfacher und übersichtlicher geraten bis auf den kühn aufgebauten letzten Satz [E06/C],

trotz des gewaltigen äußeren Apparates von imponierender Einfachheit in der Durcharbeitung, so daß auch der gebildete Laie bei einiger Aufmerksamkeit durchweg im Stande ist, dem Gedankengang des Komponisten zu folgen [E06/D],

Die A-moll-Symphonie gibt in den Sätzen I, II und III dem Hörer weniger schwierige Probleme als manche der voraufgegangenen. [E06/L]

Die ersten drei Sätze sind von bewundernswerter formaler Klarheit. [E06/M]

Diesen Eindruck (des Willkürlichen) hat man der ganzen Symphonie gegenüber nach dem ersten Anhören überhaupt; nach dem zweiten jedoch macht das Gefühl des Nicht-Notwendigen festeren Formen Platz, mit Ausnahme des letzten Satzes, der mir, zweimal vorgespielt, dadurch nicht klarer geworden ist. [E06/Z]

Die 6. Symphonie ist einfacher und in ihren Themen wie im Bau ihrer Sätze als die zweite, dritte und fünfte [Sb. sic], und wird trotz der ausserordentlichen Anforderungen ihren Weg vielleicht schneller machen, als manche ihrer Vorgängerinnen, eben um ihres leichtern Inhalts wegen. [E06/a]

Mit dem Mahlerschen musikalischen Wundertier, der A-moll-Sinfonie, ist es dem Schreiber dieses eigen gegangen [sic]; beim ersten anhören in der Generalprobe, wo der Blick aufs Ganze gerichtet war, hatte man das Gefühl der unbedingten Ablehnung solcher Musik, die einem völlig zwecklos erschien, ohne inneren Grund; die, nach formeller Richtung hin, jeden Augenblick hätte abbrechen oder ebenso gut noch in dieser Weise sich fortsetzen können. Dieser Eindruck blieb auch beim zweiten Hören in der Aufführung dem letzten Satze gegenüber bestehen, änderte sich aber bei den 3 ersten. Die ins Kolossale getriebenen Dimensionen, die dem ebenso kolossalen Orchesterapparat entsprechen, bekamen Formen, wenigstens hatte sich das oben genannte Empfinden des Nichtnotwendigen vermindert. Hierdurch gewann man auch Zeit, aufs Einzelne näher einzugehen, und stieß dabei auf zum mindesten interessante Dinge. [E06/e]

Im übrigen enthält die ganze Sinfonie nichts, was man nicht überblicken [. . . ] könnte. [E06/f]

die Aufnahmefähigkeit des Hörers war am Schlusse erschöpft [B06/D]

trotzdem Mahler durch allerhand Kontrapunkte seine Themen verdunkelt, sind diese doch meist klar erkennbar; nur in der Durchführung des ersten Satzes und dem Finale geht es meist so bunt und lärmend zu, daß es schwer hält, sich darüber Rechenschaft zu geben, was der Komponist eigentlich gewollt hat. [B06/E]

Wer die neue Mahlersche Symphonie hört, der fühlt bei jeder Phrase, daß der Tonsetzer ihm da etwas Bestimmtes zu sagen hat, versteht ihn aber nicht, d. h. kann seine Musik nicht deuten oder deutet sie falsch, da dieser Künstler es liebt, seine Hörer im unklaren darüber zu lassen, auf welchem Gebiete er sich mit seiner deutungsreichen Tonsprache. [. . . ] Zu jedem derselben [vier Sätze] haben wir uns während des Hörens Notizen gemacht. Aber diese stehen jetzt auf dem Papiere so seltsam bunt und zusammenhanglos da, daß wir kein einheitliches Berichtsbild daraus herzustellen vermögen. [B06/G]


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