- 281 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Symphonie No. 6 von Gustav Mahler (I. Allegro, ma non troppo, II. Scherzo, III. Andante moderato, IV. Finale). Besetzung: 4 Flöten, 4 Oboen, Englisch Horn, Klarinette in Es, 3 Klarinetten in B, Bassklarinette in B, 3 Fagotte, Kontrafagott, 8 Hörner in F, 4 bezw. 6 Trompeten, 3 Posaunen, Basstuba, Pauken, Tamtam, Glockenspiel, tiefes Glockengeläute, Herdenglocken, grosse und kleine Trommel, Xylophon, Triangel, Becken, Holzklapper, Rute Hammer, Tambourin, Harfen, Celesta, Streichquartett. (Verlag von C. F. Kahnt Nachf., Leipzig.) (E06/W] [als Fußnote]

Im ersten Satze [. . . ] werden folgende Instrumente verwandt: vier Flöten, vier Hoboen, Klarinette in Es, drei Klarinetten in B, Baßklarinette in B, drei Fagotte, Kontrafagott, acht Hörner in F, vier Trompeten, drei Posaunen, Baßtuba, Pauken, Glockenspiel, Herdenglocken, Xylophon, große und kleine Trommel, Triangel, Becken, Tamburin, Harfen, Celesta, Streichquartett. [. . . ] Was beabsichtigt nun der Komponist mit diesen riesigen Mitteln? Kamen ihm seine Gedanken und Einfälle so riesengroß vor, daß sie nur durch solche über alles Maß und Ziel hinausgehende Klangentfaltungen zum deutlichen Ausdruck gelangen konnten? [. . . ] Dazu dieser mächtige Orchester-Apparat, wie er bis jetzt noch kaum in einem dramatischen Werk verwandt worden ist. Der Verfasser dieses Riesenwerkes wird es niemandem verargen können, der stets wieder die Frage aufwirft: wozu? wozu dieser Aufwand von Mitteln, zu denen verhältnismäßig einfache Gedanken vorhanden sind? Daß Herr Mahler es versteht, diese Mittel leicht zu handhaben, daß er oft wunderschöne Wirkungen hervorbringt, das soll ihm unumwunden nachgerühmt werden. [. . . ] Nur fragt es sich, ob die von ihm geschaffenen Effekte immer auch als die rechten Mittel zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes angesehen werden können. [E06/X]

Die weitere Oeffentlichkeit hatte einige Zeit vor dem Essener Musikfeste lesen können, wieviel Schlagzeug Mahler in seiner neuen Symphonie verwendet. Es wurden da merkwürdige Dinge berichtet von den dreifach besetzten Pauken, der großen Trommel, die mit Ruten geschlagen wird (übrigens nicht neu), von Herdenglocken, tiefen Glocken, Xylophon, von der Celesta, und als Pièce de résistance von einem großen Hammer, der im geeigneten Momente auf eine Riesentrommel niedersausen würde. Diese bezeichnende, aber wenig geschmackvolle Reklame hat dem Wiener Operndirektor unrecht getan, und wenn er in der »Generalprobe«, die ihm das Hofopernorchester in Wien bewilligte, betonte, daß er nirgends die Absicht habe zu lärmen, daß er durch Verwendung der verschiedenartigen Schlaginstrumente nur Abwechslung in der Klangfarbe erzielen wolle, so kann man ihm im allgemeinen nicht widersprechen. Denn eigentliche Spektakelmusik macht Mahler nicht, wenn auch Stellen in der Symphonie vorkommen, die einem auf die Nerven gehen, oder, wie die unerwarteten Tuttischläge im Fortissimo, uns erschreckt zusammenfahren lassen. [E06/Z]

Richard Strauss hatte so Unrecht nicht, als er in der Hauptversammlung unter Hinweis auf Mahlers Symphonie launig die Errichtung von Schlagzeug-Professuren auf unseren Konservatorien vorschlug. Die »guten alten Zeiten« sind fürs Schlagzeug vorbei, und ich sehe die Epoche kommen, wo es gleichberechtigt neben das übrige Orchester treten wird. Straussens »Salome« und Mahlers »Sechste« sind vielleicht nur Ahnungen bevorstehender Möglichkeiten. [E06/a]

zumal, wenn man bedenkt, mit welchen bisher unerhörten Klangmitteln der hochbegabte Komponist arbeitet. Man denke: 8 Hörner, 6 Trompeten, 4 Posaunen, 4 Fagotte, 1 Kontrafagott, 4 Oboen u.s.f., dazu Pauken, Herdenglocken, große Trommel, Triangel, Becken, Xylophon, Glockenspiel, Harfen, Celesta und das ganze Streichorchester. Wenn wir uns hierauf die Frage vorlegen, ob der Erfolg des kühnen Werkes im Einklang mit diesem gewaltigen Apparat steht, so können und müssen wir mit nein antworten, so sehr wir auch die Tondichtung an sich schätzen und bewundern. [. . . ] Es gehören doch zu seiner wirksamen Aufführung Mittel, die sich nur ganz wenige Kunstinstitute leisten können [E06/d]

dies Werk mit seinem ungeheuren Orchester-Apparat – z. B. 4 Flöten, 4 Oboen, 5 Clarinetten, 5 Fagotte, 8 Hörner usw., dann Herdenglocken, Stahlklavier, Célesta und ein ganzes Heer von Schlaginstrumenten [E06/e]

Dies Werk [. . . ] hat durch einige Aeußerlichkeiten der Instrumentierung, schon bevor die erste Note erklang, einige Kubikmeter Druckerschwärze verschwenden lassen. Ein ganzes Arsenal von Schlagzeug ist aufgeboten, um die Intentionen des Komponisten genügend zu bekräftigen. Ein Zuhörer vom Fach meinte, es sei von jetzt ab unabweislich, daß die Konservatorien eine Meisterklasse für Schlaginstrumente einrichteten. Die mit Ruten gestrichene Wand der großen Trommel, welche den Eindruck hervorbringt, als ob ein lakenbehemdetes Gespenst in unserm Schlafzimmer ein Salto mortale vollführt, fehlt auch diesmal nicht. [E06/f]


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