- 278 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Holzgeklapper, Kuhglocken, Pfeifen (der Volkswitz hat sie schlagartig als Lokomotivpfiff ausgelegt), nicht gerade tragisch gestimmt. [. . . ] Besonders geistreich habe ich solche Kompositionen [, in denen Geräusche des täglichen Lebens vorkommen,] nie gefunden, auch nicht sehr geschmackvoll, aber humoristisch haben sie noch in allen Fällen gewirkt. Um so schlimmer für ein ernstes Werk, wenn es ähnliche Darstellungsmittel benützt. [. . . ] Mozart hat einmal in einer Gelegenheitskomposition ein paar Takte hindurch Schlittenschellen verwendet. Es war nur ein Scherz, aber wie hat das Publikum der Philharmonischen Konzerte gelächelt über die Naivität der guten alten Zeit, die an solchen Witzen gefallen gefunden hat. Heute lebt eine ganze Symphonie davon, und sie beansprucht, für tragisch zu gelten. [. . . ] Wir haben längst erfahren, daß die Kunst klangreicher Instrumentation keine so schwere und seltene ist, als man früher geglaubt hat. Wir sind abgestumpft gegen sie wie gegen eine zu starke Würze. Man braucht nur die Referate über die Novitäten der jüngsten Zeit zu lesen, und man wird finden, daß das Lob der orchestralen Behandlung auch bei Beurteilung der bescheidendsten Talente wiederkehrt, denen man sonst kaum etwas Gutes nachsagen kann. So schwer und künstlerische wertvoll kann demnach eine solche Kunst nicht sein. [W07/O]

Großer instrumentaler Apparat


Ob ein Komponist über die Mahlersche Orchesterbesetzung noch wird hinausgehen können? Die Partitur erfordert nämlich neben dem vielfach noch geteilten Streichquintett vier Flöten, vier Oboen, vier Klarinetten und Baßklarinette, drei Fagotte und Kontrafagott, acht Hörner, vier Trompeten, drei Posaunen und Baßtuba, Pauken, Glockenspiel, Heerdenglocken [sic], Xylophon, große und kleine Trommel, Triangel und Becken, Tambourin, zwei Harfen und Cellesta [sic] [. . . ]. Daß bei diesem Riesenorchester [E06/A],

In der Instrumentation fällt zunächst die ungewöhnlich starke Besetzung des Schlagwerks auf. Man denke sich: fünf Pauken, eine große Trommel, eine kleine Trommel, Tschinellen, Tamburin, Kuhglocken, Glockenspiel, Triangel, Xylophon, Celesta [. . . ] und die überhaupt noch nicht verwandte Riesentrommel [E06/B],

ist das Werk doch mit einem Schlagzeug-Apparat ausgestattet, wie er bisher in der symphonischen Literatur noch nicht dagewesen [E06/C],

Allerdings ist in den Proben dieser Apparat doch in manchem reduziert worden [E06/C],

gewaltiger äußerer Apparat [E06/D],

Ganz modern ist Mahler [. . . ] in der sechsten Sinfonie in der Instrumentation, überhaupt in der Anwendung aller äußeren Mittel. Es ist ein ganz gewaltiger Apparat zur Erzielung der eigenartigsten Klangwirkungen aufgeboten, insbesondere ist das Schlagzeug ganz ungewöhnlich stark besetzt. Pauken, Triangel, große und kleine Trommeln, Becken, Tamtam, Xylophon und die Holzklapper finden ausgiebige Verwendung, ja als neues Instrument ist sogar der Hammer eingeführt. [E06/D],

Häufiger wohl als mancher andere Sinfoniker zieht Mahler, namentlich im ersten Satz, auch Pauken, Trommeln und sonstige Schlagwerkzeuge, sogar Hammerschläge heran. Aber man kann doch nicht sagen, daß solche Mittel als Selbstzweck verwendet werden, sie erscheinen vielmehr stets höheren ideellen Gesichtspunkten untergeordnet. All die Sondereffekte der zur Sinfonie neu hinzugezogenen Instrumente, von denen das Stahlplattenklavier, die Celesta eine positive Bereicherung bedeutet, ordnen sich dem Gesamtklange unter und verletzen in den drei ersten Sätzen kaum jemals das ästhetische Gefühl. Freilich darf man sich, und darauf möchten wir nochmals ganz besonders hinweisen, durch diese alles bisher dagewesene übertreffende Instrumentation nicht zu einer Überschätzung des Werkes hinreißen lassen. [E06/E]

Daß Mahler emsig darauf bedacht ist, die ohnehin schon reichhaltigen Ausdrucksmittel des modernen Orchesters noch mehr zu bereichern, ist, wie männiglich bekannt, seine Spezialität. So verwendet er in dieser Sinfonie 4 Flöten, 4 Oboen, 4 Klarinetten, 4 Fagotte, 8 Hörner, 4 Trompeten, 8 Posaunen, Baßtuba Pauken, Glockenspiel, Herdenglocken, Xylophon, große und kleine Trommel, Triangel, Becken, Tamburin, Kastagnetten, Rute, zwei Harfen, Celesta (ein klavierähnliches Instrument, dessen Hämmer Stimmgabeln anschlagen), und ein – Hammer. Die Streichinstrumente sind oft mehrfach geteilt. [E06/F]


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