- 23 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Mit dem 21. August 1883 wurde Mahler Musik- und Chordirektor am königlich preußischen Theater in Kassel.13
13
Zu Mahlers Kasseler Zeit vgl. den umfangreichen Aufsatz von Hans Joachim Schaefer in: Gustav Mahler, Jahre der Entscheidung in Kassel 1883–1885, hg. von der Stadtsparkasse Kassel, Kassel 1990, S. 11–93; außerdem Ders., Gustav Mahler in Kassel, Kassel 1982.
Im Jahre 1866 war das Kurfürstentum Hessen in das Königreich Preußen eingegliedert worden; in Kassel, der Regierungshauptstadt der Provinz Hessen-Nassau, trat Mahler also seine erste Stellung im inzwischen gegründeten Deutschen Reich an. Das Theater unterstand administrativ der »General-Intendantur der Königlichen Schauspiele« in Berlin. Paragraph 1 der Dienstanweisung des Königl. Musikdirektors Mahler schrieb vor, »Seiner Majestät dem Kaiser und Könige treu und gehorsam zu sein«, Paragraph 4 forderte, »den dienstlichen Anweisungen der vorgesetzten Behörde überall die pünktlichste Folge zu leisten«. Die vorgesetzte Behörde, das war zuallererst der Kasseler Intendant Freiherr von und zu Adolf von Gilsa, »Chef der 3. Batterie des 2. Garde-Feld-Artillerie-Regiments« im Range eines Majors, der im deutsch-französischen Krieg 1870/71 mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse ausgezeichnet worden war und in dieser Manier auch sein Theater leitete.14
14
Blaukopf, Dokumente, S. 167.
Auch hier war das Militär also präsent. Mahler gewann dem »Regiment« von Gilsas beruflich etwas Positives ab. Aus der Rückschau von seiner folgenden Stellung in Prag aus schrieb er dem Intendanten innerhalb eines Neujahrsgrußes: »In Ihrer Schule lernte ich, was das allerschwerste ist, zu gehorchen, um befehlen zu können, seine Pflicht getreu zu erfüllen, um dies von andern verlangen zu dürfen. Welche Not machte Ihnen wohl oft der ungebärdige Schüler, und es bedurfte gewiß oft Ihrer weitgehendsten Nachsicht, um mit mir nicht die Geduld zu verlieren.«15
15
Herta Blaukopf (Hg.), Gustav Mahler. Briefe, erweiterte und revidierte Neuausgabe, Wien 1982 [= Mahler, Briefe], S. 47.
Im Nachsatz weist Mahler allerdings darauf hin, daß er seine Schwierigkeiten hatte mit der Art und Weise der Theaterleitung von Gilsas. Das wird auch sichtbar in einem Brief an Friedrich Löhr vom 12. Mai 1885, in dem er schrieb: »nachdem ich ihm offen gesagt habe, daß ich anderer Meinung in künstlerischen Dingen bin als er, hat er mich als einen Mensch[en], der die Subordination nicht kennt, zu den Verfemten geworfen.«16
16
Mahler, Briefe, S. 40.
Nicht nur der preußisch-militärische Gehorsam bereitete Mahler Probleme, auch deutet er im gleichen Brief einen Parteienstreit an, in dem er Prügel bekäme. Dabei handelt es sich um antisemitische Polemik gegen ihn als Leiter des Kasseler »Großen Musik-Festes« 1885.17
17
Vgl. Mahler, Briefe, S. 41 Anm.; zur Polemik vgl. Schaefer, a.a.O., S. 62.
Dieses fand übrigens in der Exerzierhalle des Infanterieregiments 83 in der Wehlheidener Kaserne und unter Mitwirkung von Mitgliedern der Musikkapelle des Regiments statt. Mahler bemerkte zu diesem Musikfest, es sei »jetzt einmal Mode, musikalisch – patriotisch – festlich zu sein«18
18
Brief an Friedrich Löhr vom April 1885, Mahler, Briefe, S. 39.
.

Für die Kasseler Zeit Mahlers bleibe nicht unerwähnt, daß er 1883 zu den zehn Gründungsmitgliedern, den Erzrittern, einer Gesellschaft namens Schlaraffia Chasalla gehörte, einer Vereinigung, die ähnlich organisiert war wie Freimaurer-Logen und ihr Hauptanliegen in der Durchführung von Geselligkeiten und Festen sah. Es gab dieses »Schlaraffia-Reych« nicht nur in Kassel (Chasalla), sondern auch


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