- 140 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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in gärender Zeit vor revolutionär gesinnten Massen gesungen, von ungeheurer Wirkung denken.«60
60
Göhler, S. 361.

In Revelge erfährt Göhler jedoch keinerlei politische Dimension, er schreibt lediglich, Mahler habe die geniale Phantastik der alten Dichtungen in der Art künstlerisch gesteigert, wie es die alte Holzschnittkunst getan habe.61

61
Ebd.
Die anderen Soldatenlieder spricht er nicht als solche an.

Guido Adlers Mahler-Studie erschien erstmals 1914 im Biographischen Jahrbuch und deutschen Nekrolog62

62
Band 16.
und identisch als Buchform 1916 in der Universal-Edition. Im Vorwort zu dieser Ausgabe schreibt Adler, das Manuskript sei schon Anfang Oktober 1913 der Druckerei des Jahrbuches übergeben worden. Damit will er manifestieren, daß sein Buch vor dem Erscheinen des Mahler-Buches von Richard Specht fertiggestellt war, obwohl es erst später erschien; die erste Auflage des Spechtschen Buches erschien »zu Weihnachten 1913«63
63
Specht, Mahler, 9.-12. Auflage, Berlin 1918, S. 4.
. Adler betont in diesem Vorwort, daß er Mahler »in jahrzehntelangem Verkehre folgen konnte, den intimsten Gedankenaustausch mit ihm pflegte und dem gleichen Kulturkreise angehörte« und dadurch »Einblick in das innerste Wesen Mahlers gewonnen«64
64
S. 3f.
habe. In der Erklärung der gehäuften Soldatenthematik folgt Adler den Ausführungen Spechts von 1905:

»Seine Phantasie wurde angeregt durch die sagenumwobene Waldlandschaft und das muntere Treiben der Garnison, deren Signale symbolische Bedeutung bei ihm gewannen. Morgen- und Abendappell, Rufe und Exerziermotive setzten sich bei ihm in Klangbilder um, die sich um die Gestalt des alten deutschen Landsknechtes verdichteten. Sie tauchen in lebendiger Erfrischung immer wieder auf, auch in Liedern und Instrumentalwerken der späteren Zeit, so in Reveglie [sic], Tambour-Geselle, Der Schildwache Nachtlied, Der Gefangene im Turm, Wo die schönen Trompeten blasen«, [...]65

65
S. 9.

Damit hat er die zentralen fünf Soldatenlieder aufgelistet, womit seine Überlegungen dazu enden.

Richard Spechts größeres Mahler-Buch von 1913 wiederholt bezüglich der Militärsignale im Wesentlichen den Gedankengang von 1905 und gelangt hinsichtlich der Wunderhorn-Lieder zu keinen weiterreichenden Deutungen. Allein überraschend ist, daß er Revelge, das 1905 noch ungedruckt war, nun charakterisiert als »Callot oder Goya in Tönen«66

66
Richard Specht, Gustav Mahler, 1. Auflage, Berlin 1913, S. 166.
. Callot und Goya stehen in der bildenden Kunst für die Darstellung von Kriegsgreueln – Callot stellte die Schrecken zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges dar (Mirères de la guerre, 1633/35), Goya malte den Krieg am Beginn des 19. Jahrhunderts (Desastres della guerra, 1810–1814). Das Vorwort zu einer späteren Auflage des Buches, datiert mit dem 18. Juli 1918, beginnt mit den Worten, daß der Krieg an diesem Buch nicht spurlos vorübergegangen sei: die neuen

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