- 136 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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in der Regel später entstanden als zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges; die darin angesprochenen Militaria entstammen eindeutig dem 18. Jahrhundert.35
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Vgl. Röllekes kritischen Bericht zu seiner Wunderhorn-Ausgabe.

Auf einige Bezüge zwischen den Volksliedern und Mahlers Melodien geht auch Zoltan Roman in seiner häufig zitierten kanadischen Dissertation36

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Zoltan Roman, Mahler’s Songs and their Influence on his Symphonic Thought, Diss. Univ of Toronto 1970.
von 1970 ein. Die häufige Soldatenthematik in den Wunderhorn-Liedern thematisiert er nicht. Ähnlich zurückhaltend ist auch Elizabeth Mary Dargie in Ihrer Untersuchung Music and Poetry in the Songs of Gustav Mahler37
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E. Mary Dargie, Music and Poetry in the Songs of gustav Mahler, Bern-Frankfurt-Las Vegas 1981.
von 1981. Sie rubriziert die Soldatenlieder – unter Ausschluß von Wo die schönen Trompeten blasen und unter Einschluß von Das irdische Leben – als »Songs of ›earthly life‹ and death«. Die Tatsache, daß der Tod in militärischen Situationen erfolgt, wird demnach in den Hintergrund gestellt.

Sehr deutlich geht Hans Heinrich Eggebrecht auf Mahlers Soldatenlieder ein, und zwar in seiner Musikgeschichte von 1991, weniger in seinem Mahler-Buch von 1982. Auch er bezieht die von Mahler thematisierte Soldatenproblematik jedoch nicht auf das Militär:

»Mahler aber meint [...] nicht den Soldaten, wo er von ihm spricht, nicht ihn und seine Welt, sondern er meint den Menschen schlechthin und die Welt überhaupt. [...]
Ist in dem Dasein des Soldaten, dem Schätzchen und Liebchen, Trommeln und Marschieren, dem Tralali, unabdingbar das andere enthalten, das Schießen und Erschossenwerden, so ist auch die Welt überhaupt, wenngleich auch sie nur als Normalität und Selbstverständlichkeit sich kennt, voller Entsetzlichkeit: Banalität und Trott, Verlogenheit und Heuchelei, Häßlichkeit und Egoismus, Erschießen und Geschossenwerden der Seele.«38

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Hans Heinrich Eggebrecht, Musik im Abendland, München 1991, S. 725 und 739.

Eggebrecht benennt entschieden die Negativität des Soldatenbildes, das Mahler zeichnet. Allein sieht er darin, noch deutlicher als Adorno – »die Menschen sind wider ihren Willen gepreßte Soldaten« – nur eine Parabel und nicht eine Kritik an der Kriegshetze zu Mahlers Zeit.

Nicht unerwähnt bleibe, daß die Autoren der beiden dreibändigen Mahler-Biographien – Donald Mitchell und Henry-Louis de La Grange – die Frage der starken Präsenz des Soldaten-Sujets nicht eigens diskutieren. Das mag im Falle von La Grange daran liegen, daß er die Liedveröffentlichungen Mahlers einzeln behandelt und die Soldatenlieder sich auf drei Publikationen verteilen. Die erste Sammlung, das zweite und dritte Heft der Lieder und Gesänge, später Lieder aus der Jugendzeit genannt, erschien im Februar 1892 bei Schott und beinhaltet außer Zu Straßburg auf der Schanz’ nur »Lieder von gewaltsamer Trennung« (Hilmar-Voit, s.o.). Die zweite Sammlung, die eigentlichen »Wunderhorn-Lieder«, erschien 1899–1900 bei Weinberger und beinhaltet die weiteren Soldatenlieder außer den beiden letzten und gewichtigsten: Revelge und dem Tamboursg’sell. Diese erschienen innerhalb der Sieben Lieder, später mit dem Zusatz aus letzter Zeit im August 1905 bei Kahnt, gemeinsam mit den fünf Rückert-Liedern.39

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Nach dem Werkverzeichnis in La Grange II, S. 1215ff.


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