- 13 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (12)Nächste Seite (14) Letzte Seite (410)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

überbewertet hält, »ja geradezu hinderlich für einen breiten Diskurs über die Musik des 19. Jahrhunderts«. Es gehe ihm nicht um die Restitution der »biographischen« oder »hermeneutischen« Zugangsweise zur Musik, »sondern um ein Drittes: um die Rettung der »Geschichte«, die Musik erzählt; und diese Geschichte läßt sich am ehesten mit der Geschichte vergleichen, die die Mythen erzählen.«53
53
Martin Geck, Das wilde Denken. Ein strukturalistischer Blick auf Beethovens op. 31,2, in: Archiv für Musikwissenschaft 57 (2000), S. 75, 73.
Geck schließt seine Überlegungen an die französischen Strukturalisten Roland Barthes und besonders Claude Lévy-Strauss an und berührt sich so mit der Vorgehensweise von Samuels. Auch sein Ergebnis, in der Musik – sein Ergebnis, in der Musik – hier Beethovens op. 31,2 – strukturelle Parallelen zur Literatur zu entdecken – hier Hölderlins Patmos – kommt den semiotischen

Im Vergleich zu Mahlers Symphonik hat sein Liedschaffen erheblich weniger wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und innerhalb des Liedschaffens stehen die Wunderhorn-Lieder noch hinter den beiden Zyklen und den Rückert-Liedern zurück. Den Wunderhorn-Liedern wurde erstmals 1988 in der Arbeit von Renate Hilmar-Voit eine Untersuchung zuteil54

54
Renate Hilmar-Voit, Im Wunderhorn-Ton. Gustav Mahlers sprachliches Kompositionsmaterial bis 1900, Tutzing 1988.
, wobei hier die textlichen Grundlagen im Vordergrund stehen. Beachtung verdient in unserem Zusammenhang, daß die inhaltliche Gruppierung explizit eine Rubrik »Kriegslieder« nennt, in der fünf Lieder zusammengefaßt sind. Die Autorin stellt diese Besonderheit des Liedschaffens Mahlers deutlich heraus und verweist auf Bezüge zu den expressionistischen Dichtern.55
55
Hilmar-Voit, S. 213.
Dieser Arbeit folgte 1991 eine stärker analytisch ausgerichtete Untersuchung zu den Orchesterliedern Mahlers von Elisabeth Schmierer.56
56
Elisabeth Schmierer, Die Orchesterlieder Gustav Mahlers, Kassel 1991.
Sie erwägt, daß die gewählten Texte Mahlers auf sozialkritisches Engagement schließen lassen.57
57
Schmierer 1991, S. 97.
In ihrer Analyse der Revelge setzt sie sich gegen eine Interpretation Susanne Vills ab, die den Schluß des Liedes als Triumphgesang des scheinbaren Sieges verstand.58
58
Susanne Vill, Vermittlungsformen verbalisierter und musikalischer Inhalte in der Musik Gustav Mahlers, Tutzing 1979, S. 100.
Ihre Sichtweise basiert auf der Drastik und Realität des Textes, der Mahler gefolgt sei. Thematisiert werde der Tod des Soldaten auf dem Schlachtfeld. Von Anfang an sei das Lied von der Ahnung dieses Todes geprägt. Die Schlußwendung – die weitermarschierenden Gebeine – seien als Traum des sterbenden Soldaten zu verstehen.59
59
Schmierer 1991, S. 152f.

Grundsätzlich ist der Kriegsbezug einiger Wunderhorn-Lieder in der wissenschaftlichen Diskussion eher akzeptiert als derjenige der Sechsten Symphonie. Das ist auf die Wortbezogenheit der Lieder zurückzuführen, die die Interpretationsrichtung vorgibt. Auch die Negativität des dargestellten Krieges wird weithin unterstrichen. Das kann allerdings nicht mehr auf den Text zurückzuführen sein, denn dieser wurde mit der Volksliedmelodie im 19. Jahrhundert und früher als positiv stimmendes Kriegslied benutzt. Die erfahrene Negativität dürfte aus Mahlers Vertonung und aus den Erfahrungen des Jahrhunderts resultieren. Hierauf wird zurückzukommen sein.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (12)Nächste Seite (14) Letzte Seite (410)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 13 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang