- 114 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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gedämpften Geigentremoli. In diese Klangfelder tönt immer wieder Militärmusikalisches hinein: das Motto mit seinem Paukenrhythmus (Takt 9ff, 65f.), weitere Marschrhythmen in der großen Trommel und in anderen Instrumentengruppen, für das ganze Orchester in Takt 49 schon »Marcato« bezeichnet, schließlich Signalfanfaren. Im Allegro moderato (Takt 98), nachdem das Motto, nun mit einem Paukentriller anstelle des prägnanten Paukenrhythmus, ein drittes Mal erklungen ist, beginnt die Hinführung zum Hauptsatz, die aufs deutlichste Marschcharakterisik aufweist.

Dieser Charakter setzt sich in der Exposition fort. Der gesamte Hauptsatz (Takt 114–140) ist von Tonrepetitionen und punktierten Rhythmen gesprägt. Schneidende Triller in den hohen Holzbläsern unterstreichen das Klanggepräge der Militärkapellen. Auch die in Takt 141 beginnende Choralpartie verändert das Klanggeschehen nicht wesentlich, wofür vor allem die unterlegten punktierten Rhythmen verantwortlich sind. Die an ein Schlachtengemälde gemahnenden Hörnertakte 178/179, die in der Durchführung eine bedeutende Erweiterung erfahren, intensivieren die Kriegsassoziation. Der Seitensatz ab Takt 191 bringt eine gewisse dynamische Beruhigung, aber weiterhin sind Fanfarenmotive präsent (Takt 192, 200, 202, 204), und in Takt 217 setzen die punktierten Rhythmen wieder ein. Somit kann von einer wirklichen Charakterveränderung erst in Takt 229 gesprochen werden, wo mit dem Material der Einleitung die Durchführung einsetzt. Auch hier wird die eintretenden Ruhe jedoch bald gestört, zunächst durch Fanfarenmotive (Takt 250ff. in der 1. Trompete und der 1. Posaune, dann ab Takt 260 auch in den Holzbläsern), wozu die Bässe punktierte Rhythmen spielen. Ab Takt 271 bringen auch die Hörner Fanfaren. Mit Takt 288 tritt eine neue Sphäre ein, die zunächst mit dem Material des Chorals, dann des Seitensatzes arbeitet und auf Marschelemente verzichtet. Der mit dem ersten Hammerschlag (Takt 336) eingeleitete zweite Durchführungsabschnitt bringt deutliche punktierte Rhythmen in den Streichern, die aber durch das Sostenuto-Tempo von ihrer Schärfe verlieren. Ein entschiedener Charakterwechsel tritt in Takt 385 ein, zunächst durch die Rückkehr zu Tempo I, vor allem aber durch die schnellen Repetitionen, deren Vehemenz durch die Anweisung »Alles mit roher Kraft« unterstrichen wird. Es ist die Erweiterung der Hörnertakte 178/179 der Exposition, die man hier bis Takt 396 als Kriegslärm-Episode ansprechen kann, denn deutlich hörbar tritt die Assoziation an ein musikalisches Schlachtengemälde hervor. Dieser gesamte dritte Durchführungsabschnitt ist entschieden vom Marsch bestimmt, was die punktierten Rhythmen, nun im typischen Marschtempo, hervorrufen, deutlich unterstrichen vom Viertelschlag der Rute. Nach einer Beruhigungsphase setzt mit dem zweiten Hammerschlag in Takt 479 der vierte Durchführungsabschnitt ein, der durch das anziehende Tempo – »stets etwas drängend« – und die punktierten Rhythmen wiederum marschähnliches Gepräge annimmt. Mit der Rückkehr zum Einleitungsmaterial in Takt 520 tritt dieses wieder vollständig zurück, und nur einige Fanfaren (Takt 561 und öfter) können die eingetretene Ruhe stören. Die sich mit dem Seitensatz (Takt 575) fortführende Reprise bleibt ebenso frei von diesem Charakter. Der Paukeneinsatz in Takt 600 leitet einen Umschwung ein, der sich ab Takt 612 in heftigen Marschrhythmen zeigt und in dieser Klanggestalt in Takt 642 in den Reprisen-Hauptsatz übergeht. In Takt 720–724 erscheint wiederum die Kriegslärm-Episode, bevor sich mit Eintritt der Schlußgruppe in Takt 727 die Bewegung beruhigt, um aber in Takt 754 nochmals kurz dem Marsch Raum zu geben,


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