jene hin konzipierten Einzelthemen. Der Gehalt des Stückes stifte seine großartige Formimmanenz.113 Dieses Postulat erscheint verdächtig in Anbetracht dessen, daß die Erschließung dieser Formimmanenz alles andere als eindeutig gelang: Wie die Synopse bei Samuels zeigt, kam fast jeder Autor zu anderen Ergebnissen114 So auch Peter Andraschke, Gustav Mahlers Retuschen im Finale seiner 6. Symphonie, in: Mahler-Interpretationen, hg. v. R. Stephan, Mainz 1985, S. 72. |
: Wo der Beginn der Durchführung anzusiedeln ist und wie viele Themen es gibt, bleibt einstweilen umstritten. Bernd Sponheuer erkennt den Marsch als vertrauten und in keiner Weise neuartigen musikalischen Gegenstand der Mahlerschen Symphonien: »da ist der vorwärtstreibende Marschrhythmus, der beiden Ecksätzen den bedrohlichen Charakter der einmal in Gang gesetzten und von da an unaufhaltsam, gleichsam zwanghaft ablaufenden Ereigniskette aufprägt.«115 Sponheuer, Logik des Zerfalls, S. 284. |
Im expansiven, fast überdeutlich ausgeformten Marschcharakter entsprechen sich die beiden Hauptthemen, so Sponheuer.116 Ferner nehme der Marsch den weitaus größten Teil des dritten zentralen Durchführungsteils des Finales ein (Takt 397–448), wobei zwei aufeinander bezogene Marschmodelle exponiert werden.117 Es bleibt offen, warum es sich hierbei um Marschmodelle handelt; vor allem beim Motiv h1, einer viertönigen Sechzehntelkette, wäre das Marschmäßige erklärungsbedürftig. Der Marschcharakter scheint vor allem durch den stetigen punktierten Rhythmus (h4), der in den Bässen geführt und von anderen Instrumenten aufgegriffen wird, hervorgerufen zu sein, und durch die auf jede Zählzeit geschlagene Rute. In der Reprise zeige sich der Marsch in den Takten 642–667.118 Insgesamt weist Sponheuer weit weniger Marschepisoden aus als die obige, vom Höreindruck her erstellte Übersicht. Der Marsch spielt in seiner Darstellung eine unbedeutende Rolle. Er sieht ihn, wie das obige Zitat ausweist, als ein Ausdrucksmittel der unaufhaltsam und zwanghaft ablaufenden Ereigniskette, worunter er die sich entwickelnde formimmantente Logik versteht. Es handelt sich hier um eine Vertiefung der Adornoschen Position, in deren Dienst auch der Marsch gestellt wird. Die aus dem gleichen Jahr stammende Analyse des ersten Satzes von Peter Andraschke widmet dem Vorkommen von Marschelementen große Aufmerksamkeit. Er erkennt solche im ersten Thema, bevor ab Takt 47 die Marschbewegung zusammenbreche. Das Thema des Seitensatzes sei »in seinem Ausdruck ganz Gegensatz zum straffen und energischen Marsch des Hauptsatzes«119 Peter Andraschke, Struktur und Gehalt im ersten Satz von Gustav Mahlers Sechster Symphonie, in: Mf XXXV (1978), wiederabgedruckt in: Gustav Mahler, hg. von Hermann Danuser, (= Wege der Forschung 653), Darmstadt 1992, S. 209–221, 219, 221. |
. Andraschke sieht im stark willensmäßigen, kämpferischen Marschthema »die Grundidee der ganzen Symphonie formuliert: das Anstreben, Erkämpfen eines Zieles und gleichzeitig die Vergeblichkeit, das Erreichte zu halten.«120 Andraschke, ebd. S. 214f. |
Ganz anders ist die Analyse von Mathias Hansen von 1980 ausgerichtet, die sich u.a. dem 1. und 4. Satz der Sechsten widmet, Marschgestus explizit jedoch nur im
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