sein; der
Höhepunkt des Films, nach dem sich die bis dahin herrschende Ordnung verändert. Ein
weiteres Indiz für die Veränderung von Lilys Status liegt in der Beziehung zu der alten
Dame. Von ihr erfährt Lily zunächst auch Ablehnung, die bis zu roher Gewalt reicht. In
Segment 49 jedoch tröstet Lily sie über ihren Ärger mit Humphrey, der Ratte,
und gibt ihr anschließend die Brust, nach Gertrud Koch ein Zeichen für das
Erwachsenwerden:
»Der geforderte Rollenwechsel vom Mädchen zur nährenden Mutter wird nicht dadurch symbolisiert, daß Lily die Alte mit Griesbrei füttert, sondern ihr die Brust geben muß. Der Einzug der symbolischen Vermittlung, die Plastizität des greifbar Nahen und Lily doch Verschlossenen, reproduziert die Erfahrungsstrukturen der Pubertät.«182
Lily scheint am Ende des Films die Nachfolgerin der alten Dame zu werden. Gleichzeitig ist zu vermuten, dass das Einhorn eine Reinkarnation der Frau darstellt, zumal es auch während des Films mit ihrer Stimme spricht. Malle nennt das Einhorn an anderer Stelle einen »etwas lächerlichen Doppelgänger«183
Bereits oben wurde von einem Wendepunkt gesprochen, der musikalischen Darbietung einer Szene aus Tristan und Isolde. Bevor auf die Musik noch detaillierter eingegangen wird, sei hier in Kürze die dramaturgische Funktion dieser und der darauffolgenden Szenen skizziert. Lily ist zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal sowohl in die Aktivitäten des Geschwisterpaares als auch der Kinder integriert. Es scheint ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Mensch, Tier und Musik zu herrschen. Dieses Gleichgewicht schlägt am nächsten Morgen schlagartig um, als der Bruder den Adler köpft und damit den »pacte de protection«184
Susan Sontag weist auf das im Film herrschende erotische Klima hin, welches nicht nur vom Geschwisterpaar bestimmt wird, sondern sich auch in der Erscheinung der Tiere und der Kinder manifestiert: »Dans Black Moon, personne ne fait l’amour, mais le climat du film, les personnages, la façon dont il est tourné, tout y est sensuel. C’est un film sur le corps, très généreux érotiquement, parce que tout le monde a sa valeur érotique [. . . ].«185
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