die zudem auch noch indirekt der Vergnügungsindustrie
dient, da alle Bewohner früher oder später in einem Kasino arbeiten wollen.
Hier bestätigt sich ein subtiles Prinzip, welches auch in anderen Takes deutlich
wird.
Durch die Musik werden die einzelnen Charaktere dargestellt, aber auch ironisch
hinterfragt: Lou, der immer noch die Musik seiner Jugend hört und seinem Freund
Buddy sagt, dass dieser zu sehr in der Vergangenheit lebe; Fred, der den Prototyp eines
Dealers darstellt, während im Hintergrund klischeehafte Barmusik gespielt wird und in
diesem Fall eben Free Jazz-Idealismus in einer Gemeinschaft, die das kapitalistische
Glücksspielsystem repräsentiert.
Slot Machine Baby (Take 2/26) Michel Legrand bedient sich hier abermals
bekannter Klischees, um die Flower-Power-Attitude von Chrissie zu unterlegen. Zu ihren
weltfremden Fantasien über Gleitschirme, LSD und tätowierte Babyköpfe komponiert er
eine atmosphärisch entfernt an das Stück Aqua Marine von Carlos Santana erinnernde
Instrumental-Nummer, in der Sitar und Steel-Guitar über einen Orgelpunkt
improvisieren. Die Sitar ist spätestens seit den Indien-Erfahrungen der Beatles zum
klischeehaften Kennzeichen für spirituelle Horizontserweiterung (und Drogenkonsum)
geworden. Erneut ironisiert die Musik somit die Haltung der Chrissie, die nicht an
Schwerkraft, dafür aber an die Wiedergeburt glaubt.
Bellini-Rock (Take 4/26) Der Titel dieses Funk-Rock Stücks weist auf die Situation
hin, in der es erklingt. Während Sally in Segment 20 an der Spüle steht und die
Bellini-Arie erklingt, schaltet Dave auf Radioempfang, wo der Bellini-Rock erklingt. Die
Musik wirkt durch aggressive Gitarrensounds wie eine Vertonung von Daves Verhalten in
dieser Szene. Eine ironische Wirkung ergibt sich allenfalls aus dem Kontrast zur
Opernarie und durch das ständige trotzige Wechseln der beiden Stilrichtungen am
Kassettenrekorder.
No Gambling Allowed (Take 7/26) Während Lou im heruntergekommenen Viertel
die Wetteinsätze einsammelt, tanzen Farbige zum Stück No Gambling Allowed, das aus
einem Autoradio tönt. Legrand kennzeichnet hier die Welt der armen Farbigen, die
jenseits der Glitzerwelt verwahrloste Häuser in einem Ghetto bewohnen, aber dennoch
voller Optimismus den großen Gewinn in Freds Lotterie für kleine Leute erhoffen
(»Make me a winner, man!«). Stilistisch eine Reminiszenz an die Soundtracks von
amerikanischen Blaxploitation-B-Movies (z. B. Shaft, USA 1970; Regie: Gordon
Parks; Musik: Isaac Hayes), transportiert diese Musik, die auf einem typisch
souligen Funk-Groove basiert, einen Hauch von Manhattan bzw. der Bronx in das
Seebad.
Atlantic City, My Old Friend (Take 14/26) Dieses Stück, das im Film von Robert
Goulet interpretiert wird, stammt im Original von Paul Anka. Es fasst die
Aufbruchstimmung des Seebads zu dieser Zeit (Ende der 70er-Jahre) in Wort und Musik.
Und an dieser Stelle kommentiert die Musik – mit bitterem Sarkasmus – die
Versuche, diese Stadt in altem Glanze erstrahlen zu lassen. Denn der wie ein billiges
Entertainer-Imitat wirkende Goulet singt keinesfalls vor erlesenen
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