- 56 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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ständigen Umlaufs ergäben eine Partitur von einigen Stunden Aufführungsdauer. Zum Zweck der Ausarbeitung muß man sich die Landschaft wie eine Torte vorstellen, die in Tortenstücke, Sektoren, unterteilt werden kann. Einige von ihnen habe ich inzwischen ausgearbeitet und aufführen lassen, nur habe ich sie nicht Sektoren, sondern Segmente genannt. Man erkennt deutlich den experimentellen Ansatz, mit dem nicht eine Vielzahl von Stücken mehr oder weniger automatisch erzeugt, sondern die Wirkungsweise des Programmes unter kontrollierbar sich ändernden Umständen getestet werden sollte. Man kann das Verfahren stark abkürzen, wenn man sich die Resultate mit einem Klangsystem vorspielt, anstatt sie in Musiknotation zu übertragen. Was dagegen spricht, werde ich gleich noch erläutern.

Unter den Ausarbeitungen für wechselnde Besetzungen gibt es auch ein Trio für Flöte, Klarinette und Cello. Als es von einem Ensemble, das kein Cello, wohl aber ein Klavier hatte, aufgeführt werden sollte, mußte ich es umarbeiten. Da ich nicht einfach die Cellostimme für Klavier aussetzen wollte, nahm ich die Gelegenheit wahr, die gleichen vom Computer erzeugten Zahlentabellen ein zweites Mal zu interpretieren; den beiden Kompositionen, die verschieden, aber ähnlich sind, hat also ein identisches Datenmaterial zugrunde gelegen.


     Musikbeispiel 1: Segmente 85-91 für Flöte, Baßklarinette und Violoncello      

Die Partituren zu allen vorgeführten Beispielen sind bei TONOS, Darmstadt, erschienen.

     

     Musikbeispiel 2: Intermezzo (Segmente 85-91) für Flöte, Baßklarinette und                          Klavier


Ehe ich Ihnen weitere Beispiele vorführe, sollte ich noch kurz erläutern, was in diesem Programm eigentlich passiert. Es gibt nur wenige musikalische Dimensionen, die hier Berücksichtigung finden: in erster Linie die Harmonik, zu der auch die Oktavlage der Töne gehört. Pro Zeitpunkt komponiert das Programm einen Akkord, der als harmonisches Feld verstanden werden muß, also auch als Tonfolge interpretiert werden kann. Zweitens die Rhythmik, die wir im Kölner elektronischen Studio in Einsatzabstand und Dauer aufgeteilt haben. Unter Einsatzabstand verstehen wir den Abstand von einem Klangeinsatz zum nächsten, während die Dauer die Klangdauer bezeichnet. Bei der Folge Achtelnote/Achtelpause ist der Abstand eine Viertel, die Dauer eine Achtel. Was wir Rhythmik nennen, resultiert aus der Folge der Einsatzabstände. Von den Abständen abweichende Dauern haben eher harmonische Konsequenzen, etwa dann, wenn durch Dauern, die länger als die Einsatzabstände sind, Töne sich überlagern. Eine dritte Komponente ist die Dynamik zur Unterscheidung verschiedener Lautstärkegrade. Außerdem gibt es noch Hinweise auf die Instrumentation, allerdings nur in Form von Ziffern, die der Komponist bei der Transkription noch interpretieren muß.

Dieses Modell entspringt der Begegnung von Serialismus und elektronischer Musik. In beiden Disziplinen lernt man, Musik auf einer gewissen Abstraktionshöhe


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