- 54 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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ren, daß mit ihm halbwegs anhörbare, halbwegs musikalisch begreifliche Sachen realisiert werden konnten.

Damit sind wir mitten in der Partitursynthese, weit entfernt von Computerklangsynthese. Bei dieser Synthese sollten Daten herauskommen, die, ohne die Datenstruktur zu verletzen, möglichst wörtlich in eine Aufzeichnung oder Aufführung transkribiert oder übersetzt werden können, in musikalische Graphik, traditionelle Notation oder sonstwie. Meinetwegen auch in eine mündliche Mitteilung, die dem Musiker sagt, was er tun soll. Darum geht es nicht. Es geht um eine adäquate Übersetzung von komponierten, synthetisierten Strukturen, Strukturen musikalischer Größen, die in einer angemessenen Weise dann timbrifiziert oder sonorisiert werden.

Ich habe in diesem Stück von Standarddaten Gebrauch gemacht, wie das bei Programmen häufig üblich ist. Mit ihnen sind, wenn man das Programm laufen läßt, alle Parameter bereits definiert, sie können aber vom Komponisten in vielfältiger Weise verändert werden. Aber auch ohne Eingriff des Komponisten muß dieser Standardeingabedatensatz funktionieren. Und tatsächlich: wenn man das Programm startet, kommt ein Musikstück heraus. Man kann es nicht hören, solange kein Lautsprecher angeschlossen ist, aber die Daten auf dem Schirm betrachten oder ausdrucken. Die gegenwärtige Programmversion hat einen MIDI-Zusatz; als das Programm entwickelt und im Unterricht verwendet wurde, war das VOSIM-System von Kaegi und Tempelaars

Werner Kaegi / Stan Tempelaars, VOSIM - A New Sound Synthesis System,

Proceedings Int. AES Convention, Zürich 1976


angeschlossen, mit dem man die vom Programm komponierte Musik direkt, wenn auch in einer vereinfachten Form, anhören konnte, vereinfacht etwa in der Art eines Klavierauszuges - ich komme darauf gleich noch zurück.

Wie schon gesagt, kann der Komponist die Standarddaten einer eingehenden Redaktion unterziehen und sie damit in einen von ihm gewünschten musikalischen Zusammenhang bringen. Natürlich waren auch die Standarddaten schon musikalisch aufeinander bezogen. Sie repräsentierten ein Stück, das ich zum Zweck der Programmentwicklung erst einmal hatte komponieren müssen. Nicht nur ein Stück, wohlgemerkt, denn dann hätte es nicht zu einem allgemein anwendbaren Computerprogramm geführt, vielmehr tausend oder zehntausend Stücke in einem, oder ein einmaliges Stück in tausend möglichen Varianten. Sie alle stecken in den Standarddaten und können durch Veränderung der Standarddaten, aber auch schon durch Veränderung der Startzahl für den Zufallsgenerator, herauskommen.

Standarddaten schränken die Möglichkeiten des Programmes auf eine Art Mittelmaß ein. Abweichungen von den Standarddaten führen daher in zwei verschiedene Richtungen. Man kann die von den Standarddaten gezogenen Grenzen enger ziehen, den Spielraum des Zufallsgenerators einschränken, so daß das Stück immer stärker von den Eingabedaten bestimmt wird, bis der Komponist - im Idealfall - genau das Stück seiner Wahl definiert hat. Er befindet sich dann allerdings fast schon außerhalb des Programmes, weil seine eigene Eingabe den Mechanismus des Programmes prak-


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