- 52 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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ben hatten, mit den Mitteln der elektronischen Musik zu realisieren. Nicht einmal von aufführungstechnischen Details wie etwa Bengt Hambraeus, der ein Stück mit dem Titel Doppelrohr II komponiert hat, wo er als Organist, der er ja war, von den überblasenen Tönen eines Orgelregisters, das er sehr gut kannte, ausging. An die Klangwelt dieses Stückes wurde ich übrigens gestern Abend ein wenig beim Stück von Peter Michael Hamel erinnert. Für meine Begriffe schon beinahe ein außermusikalischer Vorwurf, sosehr dieses Doppelrohr auch zur Musik gehört, jedenfalls zu ihrer Darstellung, allerdings nicht zur Komposition. Ich habe eher versucht, meine Inspiration in den ausführenden Organen der Musik zu finden, seien es die Musiker des Orchesters oder das gesellschaftliche Drumherum einer musikalischen Aufführung, aber auch in den technischen Mitteln und Arbeitstechniken, die das elektronische Studio bietet bzw. erfordert. In dieser Weise habe ich versucht, die technischen Möglichkeiten des klassischen Studios auszunutzen.

Im Essay hatte das eine für mich sehr interessante Versuchsanordnung ergeben. Bei Terminus habe ich dieses Verfahren, das sehr arbeitsintensiv war, aufzugeben beschlossen. Inzwischen nämlich war etwas erfunden worden, was wir unter dem Namen Spannungssteuerung kennen und was dann in kommerziellen Synthesizern ausgenutzt worden ist. Im Institut für Sonologie wurde ein eigenes System der Spannungssteuerung ausgearbeitet und in allen Studios installiert. Mit der Spannungssteuerung wurde die elektronische Musik eigentlich programmierbar. Im klassischen Studio stand sie nur auf dem Papier; denn die Datentabellen der Komponisten, die dann mehrfach fotokopiert und allen, die an der Arbeit beteiligt waren (Techniker, Komponisten-Kollegen), ausgehändigt wurden, waren so detailliert, daß sie als Eingabedaten für ein mechanisiertes Realisationssystem hätten dienen können. Diese Tabellen wurden dann sozusagen "herunterrealisiert", wie der Maurer die Architektenpläne realisiert, indem er Steine aufeinanderschichtet. Nicht daß während dieser Arbeit jegliches musikalische Urteil ausgeschaltet gewesen wäre, aber in erster Linie galt es, diese Daten korrekt und in verantwortlicher Weise auf Tonband festzuhalten.

Die Spannungssteuerung hat mir dann sehr viele Tips und Hinweise für die Programmierbarkeit musikalischer Vorgänge gegeben und war insofern auch nicht ganz unschuldig an der Idee, hinfort mit Computern zu arbeiten. Das ist das Stichwort für die folgende kleine Geschichte. Nachdem die Partitur des Essay im Druck erschienen war, zeigte ich sie einem amerikanischen Wissenschaftler, der bei uns um die Ecke wohnte. Er bemerkte den systematischen Charakter dieser Komposition und meinte, ich hätte diese Partitur sicher mit Hilfe eines Computers gedruckt. Ich sagte nein, das habe ich mit meiner Reiseschreibmaschine getippt. Ja, sagte er, aber dann haben Sie sie doch wohl mit einem Computer ausgearbeitet, denn diese Art der Systematik ist typisch für jemanden, der mit Computern arbeitet. Ich sagte, auch das nicht. Aha, sagte er, dann sollten Sie sich vielleicht doch mal für Computer interessieren, was ich auch tat. Ich ging nach Bonn an die Universität und studierte Computertechnik. Dazu hatte also die Partitur eines elektronischen Stückes seinerzeit den Anlaß gegeben. Und


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