- 38 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
  Erste Seite (3) Vorherige Seite (37)Nächste Seite (39) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 


Theater auf den Punkt zu bringen. Sollte unser Stufenmodell zumindest für den Komplex Film/Fernsehen seine Gültigkeit behalten, sollte es zutreffen, daß sich parallel zur stetig zunehmenden Bedeutung der Medien die Auseinandersetzung mit Medien und medialen Technologien Zug um Zug intensivierte und professionalisierte, so müßte

a) der letzte Schritt in dieser Auseinandersetzung darin bestanden haben, daß filmische Gestaltungsprinzipien eindrangen ins Komponieren schlechthin, und es wäre

b) zu erwarten, daß das erst in jüngerer und jüngster Zeit geschah.


Tatsächlich finden sich entsprechende Belege in jüngerer und jüngster Zeit. Bei Bernd Alois Zimmermann, von dem wir im übrigen wissen, daß er in den späten sechziger Jahren an der Kölner Musikhochschule Kompositionsseminare durchführte, in denen er ganz einfach Filme zeigte.

Nach einer mündlichen Mitteilung des Zimmermann-Schülers Luca Lombardi.


Und unlängst hat Heiner Goebbels in einem Gespräch mit dem Berner Rundfunkredakteur Thomas Adank festgehalten, er fühle sich generell eher dem Film verpflichtet als der neuen Musik.

Thomas Adank, Portrait Heiner Goebbels, Feature-Produktion, Radio DRS Studio Bern, 1992.


Es gibt Beispiele freilich schon sehr viel früher.

In seiner ersten, 1937 erschienenen Alban-Berg-Biographie berichtet Willi Reich, Berg habe ihn im August 1935 in Projekte eingeweiht, denen er nach Abschluß der Lulu-Instrumentierung nachzugehen beabsichtige.


Er dachte (...) vor allem an eine Arbeit für den Tonfilm, ein Gebiet, das ihn wegen seiner neuen künstlerischen Möglichkeiten stets besonders interessiert hatte. Er sprach von seiner Lieblingsidee, "Wozzeck" einmal von einem erlesenen Schauspieler- und Sängerensemble verfilmt zu sehen und wies darauf hin, daß die formale Anlage seiner ersten Oper fast genau der Filmtechnik entspräche.

Willi Reich, Alban Berg, Wien 1937, S. 17


Wenn ich hier meinerseits auf Alban Berg zurückkomme, so denke ich zwar ebenfalls an Wozzeck, nicht aber in erster Linie an die Großform. Ich denke eher an Einzelheiten. Die 3. Szene im ersten Akt etwa, wo Marie aus dem Fenster ihrer Wohnung die auf der Straße mit klingendem Spiel vorüberziehenden Soldaten bestaunt, insbesondere den strammen Tambourmajor an der Spitze der Kapelle, darüber mit ihrer Nachbarin in Streit gerät, erbost das Fenster schließt und sich ihrem Kind zuwendet. Erst hört man nur den brutal übersteigerten Militärmarsch; dieser Marsch wird buchstäblich abgeschnitten; ihm schließt sich unvermittelt, ohne Übergang, der Streicher-


Erste Seite (3) Vorherige Seite (37)Nächste Seite (39) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 38 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II