- 330 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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von der Komplexität des Übungsgegenstandes ab, ob der Computer als sinnvolle Übungshilfe eingesetzt werden kann, und nicht zufällig versuchen sich Programmierer zuerst an Intervall-Lernprogrammen, bei denen die musikalische Ausgabe der Aufgaben so schön einfach und die Antworten so schön eindeutig richtig oder falsch sind. Schwierig wird es für den Programmierer bei komplexen Übungsgegenständen, bei denen mehrere Antworten möglich sind oder die Korrektheit der Lösungen stilabhängig ist.

Noch einmal zurück zu "Pan" und seinen Jazzakkorden: Bekanntlich basiert die Jazzharmonik bis zum Bebop auf der Funktionsharmonik, erweitert aber den Dreiklangaufbau über die Septime hinaus auf Tredezimakkorde, also auf bis zu siebenstimmige Akkorde. Die Verwendung der "Optionstöne" 9, 11 und 13, die außerdem alteriert sein können, ist aber keineswegs bei allen Akkorden gleich, und das Voicing, d.h. die gut klingende und stilgerechte Auswahl aus den maximal sieben Akkordtönen und ihre Plazierung in der konkreten Akkordgestalt ist Sache von Stilkenntnis und langer Übung. In der Kunst des Weglassens oder des gezielten Hinzufügens besteht also gerade die Kunst des Voicings. Außerdem wird ein Voicing in der Regel ohne den Grundton betrachtet, der normalerweise vom Baßinstrument übernommen wird.

Wie muß ein Programm aufgebaut sein, das das Erkennen und Spielen solcher Harmonik trainieren will?


-     Entweder es läßt alle beschriebenen Akkordformen zu; dann muß der Autor ein      profunder Kenner aller Jazz-Stilistiken sein; eine so offene Bewertung dürfte wegen der      Unüberschaubarkeit aber kaum sinnvoll sein, zumal einige Akkordvoicings (z.B. das      sogenannte "Quartenvoicing") mehrdeutig sind;

-     oder der Programmautor schränkt die akzeptierte "Richtigkeit" der Akkorde rigide ein,      muß dann aber eine einleuchtende Begründung für die Auswahl geben. Entweder      geschieht das in einer On-line-Hilfe, was die schlechteste aller Lernmethoden ist, oder      in einem "Tutorial", einen separat aufrufbaren Lernteil; oder aber die musiktheoretischen      Erklärungen finden sich im Handbuch des Programms in begleitenden Texten.


Damit sind wir bei einem sensiblen Punkt angekommen: "Programm-Gebrauchsanweisung als Theorielehrbuch". Die Jazz-Harmonielehre gehört nicht gerade zu den leichtesten Aufgabenbereichen des Theorieunterrichts, und wenn sich Programmautoren ohne fundierte pädagogische Erfahrung daran versuchen, führt das in der Regel nicht zu der gewünschten Begriffsklarheit beim Benutzer.

Ich zeige Ihnen zwei Seiten aus einem Kapitel der Gebrauchsanleitung von "Pan", auf denen dem Lernenden erklärt werden soll, bei welchen Akkorden bei der Bestimmung der Grundton enthalten sein muß, damit der Akkord als richtig akzeptiert wird, und bei welchen nicht (S. 37/38). Auf diesen schwierig zu verstehenden Seiten


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