- 328 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
  Erste Seite (3) Vorherige Seite (327)Nächste Seite (329) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 


programmen? Welchen Weg beschreiten die Programme, und welche Probleme ergeben sich? Welche Anforderungen stellt der Computer-unkundige Benutzer an ein Programm?



Computerangst und Computerbegeisterung


Ein wichtiger Aspekt, der bis jetzt noch nicht erwähnt wurde, ist die Befindlichkeit des Lernenden beim Üben und seine emotionale Einstellung zum Üben am Computer. Viele Programmautoren können der Versuchung nicht widerstehen, ihr Programm mit Funktionen vollzupacken, für jede erdenkliche Funktion noch ein Menu und noch eine Auswahlbox aufzuklappen und einen Wirrwarr von Verzweigungen anzuzetteln, und der Tonfall mancher Handbücher schwelgt in einem aufdringlichen Insider-Tonfall ("Hallo Freak, du verstehst mich doch?").

Die Praxis fordert aber andere Zugangswege: auch "Nicht-Freaks" (und solche, die es bleiben wollen), die die bahnbrechende Innovation von Fly-Dials, Hotkeys und Online-Help nicht nachvollziehen können, sollen Programme sinnvoll nutzen, und der kumpelhafte Tonfall von Handbüchern, wie sie besonders in der Atari-Szene üblich sind, wird einen ernsthaften Anwender wohl eher befremden.

Bezüglich der Nutzergewohnheiten zeigte eine Umfrage unter Studenten an der Musikhochschule Hannover, wo den Studenten seit Jahren ein Computer-Gehörbildungsstudio zur Verfügung steht, einige interessante Ergebnisse:


     -     Viele Studenten benutzen nur die Funktionen, die direkt, ohne das Aufklappen von           Menus oder Laden von vorbereiteten Lektionen, zugänglich sind; nur wenige studieren           das Handbuch. Der Suchtrieb des Computerbenutzers, der ein neues Programm           zunächst auf seine Möglichkeiten erforscht und erst zufrieden ist, wenn er mit einer ganz           entlegenen Funktion einen Systemabsturz provoziert hat, ist diesen Benutzern fremd.           Sie wollen sich nur so weit wie nötig auf die Spielregeln des Programms einlassen.

     -     Es gab Studenten, die die Mechanisierung des Lernens durch eine Maschine emotional           ablehnten; mit einem lebendigen Partner, sagten sie, übe es sich besser.

     -     Andere gaben an, mit einem Partner sei es zwar sehr nett, aber man gerate doch ins           Schwatzen; die konsequente Unerbittlichkeit des Programms sei zwar etwas stressig,           aber so etwas brauchten sie gerade. Hier haben wir den verbreiteten Typ des prinzipiell           Lernwilligen, der aber als Auslöser noch einen Anstoß von außen braucht.

-          Viele Benutzer schätzten die Möglichkeit, ohne Beobachtung durch den Lehrer, den           Übepartner oder die Unterrichtsgruppe zu üben: vor dem Computer braucht sich           keiner für den zehnten Fehler bei der gleichen Aufgabe zu schämen. Viele           Lernstörungen beruhen ja nicht auf musikalischem Unvermögen, sondern auf


Erste Seite (3) Vorherige Seite (327)Nächste Seite (329) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 328 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II