- 320 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Stellungnahmen der Schülerinnen und Schüler


Bei der Planung des Unterrichtsversuchs sind wir von der Hypothese ausgegangen, daß Interesse und Motivation der Schüler aus der Neugier auf den Umgang mit Computer und Synthesizer entstehen und zunächst einmal auf Anwendungen im Bereich von Rock- und Popmusik bezogen sind. Inwieweit es uns gelingen würde, diese vermutete positive Voreinstellung auf die Arbeit an Kunstmusikmaterial (und dazu noch aus der Perspektive Neuer Musik) zu transferieren, war für uns zu Beginn des Unterrichts durchaus offen.

Nun, was die Motivation betrifft, hat sie die zwölf Unterrichtsstunden vorgehalten, wenngleich sie auch zum Schluß verbraucht war. Hinsichtlich ihrer Eindrücke und Einstellungen am Ende der Unterrichtszeit äußerten sich die Schüler in dem schon erwähnten Auswertungsgespräch durchaus unterschiedlich.

Zwei gegensätzliche Punkte möchte ich hier zusammenfassend nennen:

Einerseits waren die Schüler fasziniert von der Hard- und Software, die es ihnen auf Mausklick ermöglichte, die einzelnen Parts beliebig auf der Zeitachse zu verschieben sowie aus der Vielfalt der Klänge ganze Orchester zusammenzustellen und dann gleich anschließend das Ergebnis ihrer Maßnahmen hörend auf seine Brauchbarkeit zu überprüfen. Und auch das musikalische Ergebnis selbst bewerteten die meisten Schüler spätestens im Zusammenklang aller drei Gruppenergebnisse als "echt super".

Andererseits ist es den Schülern während der Arbeit immer wieder schwergefallen, sich auf eine bestimmte Idee oder Vorgehensweise zu einigen. Einige Schüler sahen den Grund dafür in ihrem unterschiedlichen Musikgeschmack, andere Schüler meinten hingegen, daß der Geschmack eine untergeordnete Rolle gespielt habe, weil es sich ja hier um klassisches Material handele, das ihnen sowieso eher gleichgültig bis fremd gewesen sei.

Unser eigener Eindruck war indes, daß gerade die vielfältigen komplexen Möglichkeiten zu einer gewissen Orientierungslosigkeit und Beliebigkeit geführt haben.

Daß bei aller Faszination die Schüler den Möglichkeiten der Musiktechnologien durchaus auch skeptisch gegenüberstehen, wurde aus der kritischen Äußerung seitens eines Schülers deutlich, dem der ganze Unterrichtsansatz als fraglich erschien, weil man hier nicht selbst Musik spielen mußte bzw. konnte.     

So bedenkenswert diese Kritik auch sein mag, so muß man doch im Einzelfall prüfen, ob sich hinter einer solchen Äußerung möglicherweise auch die Frustration jener Gruppe von Schülern artikuliert, die zur "akustischen Fraktion" gehören und die nun, wo man "mit dem Computer alles machen kann", bemerken, daß sie ihr bisheriges Monopol auf musikpraktische Glanztaten im Musikunterricht zu verlieren drohen.

Andererseits: Daß Schüler heute den Neuen Musiktechnologien nicht mehr ausschließlich mit der ideologischen Naivität purer Fortschrittsgläubigkeit begegnen, sondern bei aller Akzeptanz sich eine kritische Distanz oder besser: erfahrene Nüchternheit angeeignet haben, konnten wir auch bei der Auswertung eines früheren Unterrichtsvorhabens feststellen. Vgl. Herma Janssen / Niels Knolle,

 Wick Blau. A.a.O., S. 56ff.


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