- 295 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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schrieb z. B. Hermann Ritter schon 1891: In der That sollte bei den meisten Schülern der Musikunterricht mehr im Musikhören und im Musikgenießen als im Musikmachen bestehen.

Ein weitergehender Text in: Eckhard Nolte, Die Musik im Verständnis der Musikpädagogik des  19.Jahrhunderts, Paderborn 1982, S. 109


Natürlich war eine solche Forderung allenfalls in einigen höheren Schulen zu realisieren. Die Vorreiterrolle spielten höhere Mädchenschulen, für die die Lehrpläne seit 1908 geändert wurden. Im preußischen Lehrplan findet sich unter fünf Arbeitsbereichen z. B. der Punkt Vermittlung der für jeden Gebildeten wünschenswerten Kenntnisse nicht nur aus dem Gebiete des Gesanges, sondern der Musik überhaupt.

Vgl. Eckhard Nolte, Lehrpläne und Richtlinien für den schulischen Musikunterricht vom Beginn des 19.Jahrhunderts bis in die Gegenwart, Mainz 1975, S. 93f.


Man kann davon ausgehen, daß die greifbare Nähe neuer musiktechnischer Reproduktionsgeräte dieses Umdenken indirekt förderte. Direkte Einflüsse sind vorerst allerdings nur in Amerika und dann in England festzustellen. Das Stichwort heißt: "musical appreciation".

Dort setzt diese Bewegung, die mit "Musikhören" nur unzureichend umschrieben werden kann, in den gleichen Jahren ein, in denen sich Musikautomaten und Tonwiedergabegeräte mit ungeahnter Geschwindigkeit auszubreiten beginnen. Vom Pianola (Phonola u.ä.) bis zum Welte-Mignon-Flügel gibt es im Laufe weniger Jahre eine Qualitätssteigerung, die in mancher Beziehung erst in jüngster Zeit mit Hilfe anderer Technologien eingeholt werden konnte. Man denke etwa an die Welte-Mignon-Einspielungen berühmter Pianisten und Komponisten (seit 1905!),

Auf die Authentizitäts-Probleme dieser Aufnahmen soll hier nicht näher eingegangen werden.


die außer auf den Originalinstrumenten erst heute rausch- und störungsfrei wiederzugeben sind. Neben dem Reproduktionsklavier setzte sich zur gleichen Zeit der Phonograph mehr und mehr durch.

Tatsächlich beauftragte die "Victor Talking Machine Company of America" schon 1911 Dr. Frances E. Clark mit der Planung spezieller Aufnahmereihen für den Schulgebrauch. Bis zu ihrem Ausscheiden 1936 war Dr. Clark auf dem Gebiet der schulmusikalischen Nutzung der Schallplatte eine weltweit anerkannte Autorität. (Übrigens gab es in Deutschland ähnliche Entwicklungen seit Mitte der 20er Jahre!)

1908 berichtet die englische Musikpädagogin Mary Agnes Langdale über ihre Erfahrungen mit der "musical appreciation" Bewegung in Amerika. Sie zitiert einen Plan, nach dem Musik neuerdings als ein für allgemeine Universitäts-Eingangsprüfungen qualifizierendes Fach zugelassen ist, z.B. in Harvard und an der Columbia Universität. In diesem Plan heißt es u.a.:


Es werden verständnisvolle Auskünfte über Form und Charakter der Werke selbst erwartet. Die Prüfung setzt keine instrumentalen Fähigkeiten voraus, da


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